Augsburger Allgemeine (Land West)
Nach dem Abi zum Discounter
Bei Aldi gibt es spezielle Ausbildungen. Um Bewerber zu finden, hilft eine Partnerschaft mit einem Gymnasium
Diedorf Eines haben sie gemeinsam, die sieben Auszubildenden zum Handelsfachwirt, die gerade für drei Wochen die Aldi-Filiale in Diedorf leiten: Studium, das war ihnen nach dem Abitur zu trocken. Einige haben bereits ein paar Semester hinter sich, andere wussten gleich, dass sie nach der Schule in einen praktischen Beruf wollten. Und alle sagen sie: Ausbildung bei dem Einzelhandelsdiscounter, das heißt, von Anfang an Verantwortung zu übernehmen.
Die spezielle duale Ausbildung für Abiturienten gibt es noch nicht so lange. Sie führt über den Einzelhandelskaufmann zum Handelsfachwirt und direkt in die mittlere Führungsebene des Unternehmens. Ziel ist, dass die Absolventen nach drei Jahren mit Theorie und Praxis die stellvertretende Leitung einer Filiale übernehmen können.
Gesucht wird nun weiterer Nachwuchs. Und so packt eine ganze Reihe von Elftklässlern für einen Tag mit an. Vor fünf Jahren hat das Maria-Theresia-Gymnasium in Augsburg eine Partnerschaft mit Aldi begonnen, ein Praxistag gehört mit zum Programm. Als „sehr kompetenten Partner“beschreibt Wirtschaftslehrer Christian Klob das Unternehmen dabei. Mittelschulen, Realschulen oder Gymnasien – fast alle haben sie inzwischen Partner aus der Wirtschaft. Zum einen sollen sie helfen, die Schüler auf die Anforderungen der Arbeitgeber möglichst praxisbezogen vorzubereiten. So geben viele Unternehmen in ihren Partnerschulen Tipps für erfolgreiche Bewerbungen.
Zum anderen profitieren die Firmen, weil sie Kontakt zu möglichen Auszubildenden bekommen. Darum, dass passende Partner auch zusammenfinden, kümmert sich in Augsburg und der Region der Arbeitskreis Schule–Wirtschaft.
Während die Schüler zu Beginn des Schnuppertages noch skeptisch sind, ist Raphael Scharbow das beste Beispiel dafür, dass die Verbindung von Schule und Wirtschaft Früchte tragen kann: Der 20-Jährige hatte vor zwei Jahren am MT sein Abitur gemacht und war über eine Probebewerbung und die Erfahrungen beim Praxistag zu dem Unternehmen gekommen. Nach eineinhalb Jahren ist er Einzelhandelskaufmann und einer von jenen sieben, die als Führungsnachwuchs gerade die Filiale in Diedorf leiten und in etwas mehr als einem Jahr ihren Handelsfachwirt in der Tasche haben werden. „Hier kann man zeigen, was in einem steckt“, zeigt er sich begeistert.
Mit Abitur kann der Weg nach oben bei Aldi noch weiter gehen. Martina Kestner hatte, ebenfalls am Maria-Theresia-Gymnasium, 2009 Abitur gemacht. Sie kam nach dem Studium zu der Firma, inzwischen ist sie Regionalverkaufsleiterin mit Verantwortung für sechs Filialen. Aila Schkrock beschreibt, dass es aber für das Unternehmen schwieriger wird, an junge Leute mit Abi heranzukommen: „Die Erwartung der Umgebung ist oft, dass mit dem Abitur auch studiert werden müsse.“Gerade deshalb sei der Praxistag in dem Discounter so wertvoll, findet Lehrer Christian Klob. „Das ist die Antwort auf die veränderte Arbeits- und Ausbildungswelt“, beschreibt er. Und es wirkt: Im Laufe des Tages konnten sich die Schüler einmal an die Kasse setzen, haben zur Probe Aktionsware aufgebaut und sogar den Tresor gesehen. Drei oder vier hätten tatsächlich Lust auf eine duale Ausbildung bekommen, erzählt Klob.