Augsburger Allgemeine (Land West)
Rückenschmerz ist nicht gleich Rückenschmerz
Wirbelsäulenspezialist der Wertachkliniken gibt in Schwabmünchen Tipps zu Diagnose und Therapie. Auch für Patienten, die zum Teil seit Jahren leiden, gibt es wieder Hoffnung
Schwabmünchen Wer länger als drei Monate an Rückenschmerzen leidet, hat chronische Beschwerden. Akut nennen Mediziner Rückenschmerzen, die innerhalb von drei Monaten wieder vergehen. Aber was bedeutet diese Unterscheidung? Wirbelsäulenspezialist Professor Dr. Balkan Cakir erklärt, welche Behandlungsmöglichkeiten sinnvoll sind.
Wie unterscheiden sich Diagnose und Behandlung von akuten und chronischen Rückenschmerzen?
Cakir: Grundsätzlich gilt: Die Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Rückenschmerzen sagt nichts über die Intensität der Schmerzen aus. Deshalb kann es sein, dass starke akute Schmerzen dringender behandelt werden müssen als weniger starke, chronische Beschwerden. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass plötzlich einsetzende Rückenschmerzen in vielen Fällen innerhalb weniger Wochen wieder verschwinden, also gar nicht behandelt werden müssen.
und woher kommen chronische Beschwerden?
Cakir: Akute und chronische Rückenschmerzen können mannigfaltige Ursachen haben, von der Muskelverspannung bis zum Verschleiß in den Wirbelgelenken oder Band- scheiben oder sogar einem Bruch des Wirbelkörpers. Nur eine genaue Diagnose kann darüber Aufschluss geben. Wenn Symptome vorliegen, die in der Fachsprache als „red flags – rote Fahnen“bezeichnet werden, sollte man unverzüglich oder zu- mindest zeitnah einen Arzt aufsuchen. Das sind unter anderem Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle, Fieber, Schüttelfrost sowie ein Unfall vor Beginn der Schmerzen.
Was kann man gegen akute Rückenbeschwerden tun?
Cakir: Ganz allgemein kann man sagen, dass Rückenschmerzen, die durch Muskelverspannungen, Stress, seelische Anspannung oder Überbelastung in Beruf und Freizeit verursacht werden, durch Dehnungen, leichte körperliche Aktivitäten und Massagen gelindert werden können. Außerdem gibt es, falls notwendig, auch verschiedene Medikamente, die helfen. Zudem stehen zahlreiche operative Möglichkeiten zur Verfügung. Aber auch Bandscheibenvorfälle bilden sich beispielsweise in vielen Fällen wieder zurück. Falls nicht, kann man sie operativ entfernen. Aber nicht jede Vorwölbung ist ein Vorfall, und nicht jeder Vorfall muss Schmerzen verursachen.
Und was kann man gegen chronische Rückenschmerzen tun?
Cakir: Auch die Therapie von chronischen Rückenschmerzen ist je nach Ursache verschieden. Aber generell gilt, der chronische und vor allem chronifizierte Rückenschmerz ist eine Domäne der Schmerztherapie, vor allem der multimodalen Schmerztherapie. Das heißt, die Vertreter verschiedener Berufsgruppen, wie Ärzte, Physiotherapeuten, Masseure, Sporttherapeuten und Psychologen, arbeiten zusammen, um dem Patienten gemeinsam zu helfen. In den Wertachkliniken wird diese Therapie von Dr. Gordon Hoffmann, dem neuen Chefarzt der Anästhesiologie in Schwabmünchen, koordiniert. Die Therapie ist meist langwierig. Aber sie bietet Menschen eine Chance, die zum Teil schon seit Jahren unter Schmerzen leiden.