Augsburger Allgemeine (Land West)
So schützen sich Mediziner
Viele Mediziner und Sprechstundenhilfen im Augsburger Land haben in ihren Praxen mit besonders vielen Kranken zu tun. Wie sie es schaffen, gesund zu bleiben
Ärzte und Sprechstundenhilfen haben in ihren Praxen besonders viel Kontakt zu Grippe-Patienten. Wie schaffen sie es eigentlich, gesund zu bleiben?
Landkreis Augsburg Die Wartezimmer sind voll. In den Arztpraxen wird gehustet und geprustet, die Patienten schniefen und schneuzen in Taschentücher und Armbeugen. Und noch immer leiden viele Menschen im Landkreis unter der Grippe. Ärzte und Sprechstundenhilfen haben besonders viel Kontakt zu Influenza-Patienten. Wie schaffen sie es eigentlich, gesund zu bleiben?
Das Wichtigste seien starke Abwehrkräfte, sagt Ralph Beutler. Der Arzt betreibt mit einem Kollegen, Thomas Müller-Harjung, in Gessertshausen eine Praxis für Allgemeinmedizin. Wer ausreichend schlafe, viel an die frische Luft gehe und sich wenig Stress aussetze, der könne sich langfristig ein gutes Immunsystem aufbauen. Eine kurzfristige Lösung gebe es nicht. „Die Pharmaindustrie bietet zwar Mittelchen zur Stärkung an. Aber das ist wissenschaftlich nicht fundiert nachgewiesen.“Dafür gebe es andere Untersuchungen, die das medizinische Arbeitsumfeld analysierten. Sie legen nahe: „Wer täglich Kontakt zu Viren und Bakterien hat, entwickelt ein starkes Immunsystem und steckt sich weniger schnell an.“Man könne daraus folgern, dass Ärzte insgesamt weniger krank würden, sagt Beutler.
Fast ebenso wichtig sind für ihn die Schutzmaßnahmen: „In den Arztpraxen sind Standards vorgeschrieben, die wir erfüllen müssen. Wenn die Grippewelle kommt, müssen wir die Maßnahmen drastisch ankurbeln.“Geräte und Flächen müssen öfter gereinigt und desinfiziert werden. Auch auf einen Händedruck für die Patienten verzichtet der Arzt übergangsweise.
Einen größeren Abstand zu seinen Grippe-Patienten muss auch Allgemeinmediziner Klaus Fries in seiner Praxis in Gersthofen halten. Von Mundschutz und Schutzkleidung hält er aber wenig. „Man sollte sich ein bisschen zurückhalten und sich nicht direkt anhusten lassen. Angst braucht man aber keine zu haben. Das macht nur noch schneller krank.“Klaus Fries erklärt, dass eine Grippeimpfung auch einen ge- wissen Schutz biete. Er stelle es seinen Mitarbeitern frei, doch die jüngeren Kollegen lehnten meistens ab. „Im Gegensatz zur HepatitisB-Impfung ist die Grippeschutzimpfung nicht von der Berufsgenossenschaft vorgeschrieben.“
Martin Miller vom Gesundheitsamt des Landratamts Augsburg stellt zum Thema Impfschutz fest: Auch wenn es keine Pflicht gebe, die sogenannte ständige Impfkommission rate Menschen, die im Medizin- arbeiten, trotzdem dringend, sich mit der Influenza-Impfung zu schützen. Dem Landratsamt liegen die aktuellen Zahlen der gemeldeten Grippefälle vor. Danach gab es vor etwa vier Wochen die meisten Fälle: insgesamt 71. Im vergangenen Jahr waren es zum Vergleich nur zehn. Doch Martin Miller möchte betonen: „Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich wesentlich höher.“Viele Arztpraxen sind zwar immer noch rappelvoll, doch die Zahlen des Gesundheitsamtes legen nahe: Die Grippewelle flaut langsam ab. Vor einer Woche gab es nur noch
36 gemeldete Fälle. Zum Vergleich:
2017 waren es zwei im selben Zeitraum.
Den Eindruck, dass es wieder ruhiger wird, teilt auch Ute Knüppe. Sie ist Allgemeinmedizinerin in Emersacker und sagt: „Ich habe das Gefühl, die Welle ebbt endlich ab.“Die Woche nach den Faschingsferien war für ihre Praxis die schlimmsbereich te Zeit: „Das Wartezimmer war immer voll, und auf dem Gang saßen noch mal genauso viele Leute.“
Ralph Beutler aus Gessertshausen konnte in seiner Praxis die Situation entschärfen: „Wenn wir gesehen haben, dass jemand sehr ansteckend ist, haben wir ihn in einen separaten Raum gesetzt.“Wenn möglich versuchen er und sein Kollege Thomas Müller-Harjung sogar, den Kranken den Gang zum Arzt mit Hausbesuchen zu ersparen.