Augsburger Allgemeine (Land West)
Geht nicht gibt’s bei ihr nicht
Regina Ziegler ist die erfolgreichste deutsche Filmproduzentin. Heute erhält sie einen Preis, der nach einer anderen Kinogröße aus Deutschland benannt ist
Für lange Partynächte hat Regina Ziegler ein bewährtes Durchhalterezept: Tomatensaft mit Pfeffer, Zitrone und Eiswürfeln. Allerdings wird die Grande Dame der deutschen Filmproduktion an diesem Freitag vielleicht eine Ausnahme machen und sich ein Gläschen Champagner gönnen. Verdientermaßen: Heute wird sie von der Allianz Deutscher Film- und Fernsehproduzenten für ihr Lebenswerk geehrt. Und das kann sich sehen lassen: Es umfasst 500 Filme.
Die jüngste ihrer oft aufsehenerregenden Produktionen ist der
ARD-Zweiteiler „Gladbeck“. Zur langen Liste ihrer Kinoerfolge gehören Filme wie „Return to Montauk“von Volker Schlöndorff, „Solo für Klarinette“(Nico Hofmann) oder „Korczak“(Andrzej Wajda). Zieglers Trophäenschrank ist gut gefüllt, darunter der Grimme-Preis und ein Emmy Award. Doch der nach Carl Laemmle benannte Preis für ihr Lebenswerk ist auch für sie eine besondere Auszeichnung. Der im oberschwäbischen Laupheim geborene Sohn eines jüdischen Viehhändlers war in die USA ausgewandert und hatte es dort vom Laufburschen zu einem der mächtigsten Studiobosse Hollywoods gebracht. Als Ziegler von der Ehrung erfuhr, war sie gerade in
New York. Dort war Laemmle im Jahr 1884 mit einem Auswandererdampfer angekommen. „Deutschamerikanischer geht es gar nicht“, sagt Ziegler.
„An diesem Ort zu erfahren, dass man zur Trägerin eines
Preises geworden ist, der nach dem berühmten Deutschamerikaner benannt ist …“
Über mindestens eine der Eigenschaften Laemmles verfügt auch Ziegler: Mut zum Risiko. Die 40 000 Euro, mit denen der Preis dotiert ist, sind natürlich eine Stange Geld und doch fast nichts im Vergleich zu dem, was die in der Harz-Stadt Quedlinburg geborene Produzentin oft für die Verwirklichung von Filmprojekten riskiert. In den Anfangsjahren ihrer Karriere nannte sie sich selbstironisch „die Minus-Millionärin“. Nach einem abgebrochenen Jurastudium, einer Ausbildung zur Wirtschaftsdolmetscherin und einigen Jahren als Assistentin beim Sender Freies Berlin wagte sie 1973 den Sprung in die Selbstständigkeit. Mit geliehenem Geld produzierte sie als 29-Jährige ihren ersten Film: „Ich dachte, ich wäre tot“in der Regie von Wolf Gremm, der später ihr Ehemann wurde, vor drei Jahren jedoch starb.
Dass Ziegler längst international zu den Großen gehört, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Museum oft Modern Art in New York ihr Schaffen mit einer Retrospektive würdigte. Eine Ehre, die unter deutschen Filmemachern nur noch Rainer Werner Fassbinder zuteilwurde. Auch mit 74 denkt sie nicht ans Aufhören. Zu ihren aktuellen Projekten gehört unter anderem die Kinoversion des Musicals „Ich war noch niemals in New York“. Herausforderungen sind das Lebenselixier von Regina Ziegler – nicht ohne Grund hat sie ihrer Autobiografie den Titel gegeben: „Geht nicht gibt’s nicht“.