Augsburger Allgemeine (Land West)
Nicht nur eine Frage des Wohlwollens
Skro@augsburger allgemeine.de
wohl nicht widersetzen würde, ist die Haltung der evangelischen Kirche dazu deutlich skeptischer. Die Tage von Karfreitag bis Ostern seien die höchsten christlichen Feiertage. Nach dem Karfreitag, an dem an das Sterben und Leiden Jesu gedacht wird, sei am Karsamstag „Raum für Abschiednehmen und Trauern“, teilt das evangelische Dekanat Augsburg auf Anfrage mit. Es gehe dabei um das Gedenken in Stille, „auch an die, die uns in unserem Leben fehlen“.
Dekanats-Sprecherin Irmgard Hoffmann sagt: „Unserer Auffassung nach tut es unserer Gesellschaft gut, wenn im öffentlichen Leben das ganze Spektrum des Menschseins sichtbar wird.“Deswegen setze sich die evangelische Kirche dafür ein, dass der Karsamstag ein stiller Tag bleibe und der Plärrer mit seiner Fröhlichkeit und Lebensfreude am Ostersonntag eröffnet werde. Auf Bedenken der Kirche würden die Schausteller eingehen, sichern sie zu. Josef Diebold, der Chef des schwäbischen Schaustellerverbands, sagt, er könne sich einen ruhigeren Plärrerstart am Karsamstag vorstellen, etwa mit gedämpfter Musik an den Attraktionen. Er sagt das wohl auch mit Blick auf die Gesetzeslage. Das Feiertagsgesetz erlaubt „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen“nur dann, wenn der „entsprechende ernste Charakter“gewahrt werde. Ausnahmen sind möglich, aber nur aus „wichtigem Grund“– näher erläutert wird das nicht.
Leo Dietz ist Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands und sitzt für die CSU im Stadtrat. Auch er lehnt eine frühere PlärrerEröffnung nicht generell ab. Mit Blick auf die aktuelle Gesetzeslage sei das aber nicht ganz so einfach, meint er. Schließlich gelte in Klubs und Diskotheken am Karsamstag ein strenges Tanzverbot. Man müsse da zunächst zu einer „klaren Linie“finden, so Dietz. In Nürnberg ist allerdings auch das kein größeres Problem. Dort wird seit vielen Jahrzehnten am Karsamstag nachmittags das Volksfest eröffnet, mit einem Umzug. Später spielt im Festzelt eine Band. Die Diskotheken sind dagegen auch in Nürnberg dem Tanzverbot unterworfen.
Ein Argument von Schaustellern und Wirten ist auch, dass bei der Eröffnung des Osterplärrers am SonnKarsamstag tagmorgen stets nur wenige Besucher da sind. Sie gehen davon aus, dass der Zuspruch am Samstagnachmittag deutlich größer wäre. Üblicherweise übernimmt Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) den Fassanstich, dieses Jahr sprang Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) für ihn ein. Ob der OB mit der Aussicht auf ein größeres Publikum zu locken wäre? Bislang scheint er, so ist zu hören, jedenfalls kein Freund einer Vorverlegung zu sein.
Einmal übrigens durfte der Plärrer schon an einem Karsamstag öffnen. Das war im Jahr 2003, zum 125. Jubiläum des Volksfestes. Damals spendeten die Schausteller Einnahmen in Höhe von 10000 Euro für den Wiederaufbau einer zerstörten Kinderklinik im Irak.
Ein Debattenstück zur Sicherheit auf dem Volksfest steht auf Seite 45. Was die Tracht mit Tradition zu tun hat, erklärt eine Kulturwissenschaftlerin im Interview auf Seite 37.
Für eine Entwarnung ist es noch zu früh, aber die Äußerungen von Oberbürgermeister Kurt Gribl zu den Erfolgsaussichten der Verhandlungen zwischen Stadt und Freistaat in Sachen Kita-Zuschüsse lassen eine Tendenz erkennen: Ganz schlecht sieht es nicht aus. Als die Probleme mit der drohenden Rückzahlungspflicht vor Ostern bekannt wurden, sagte Gribl noch, dass er sich zu den Erfolgsaussichten der Gespräche nicht äußere. Wenn er nun „vorsichtig optimistisch“ist, scheint man einen ganzen Schritt weitergekommen zu sein.
Gleichwohl kann die Frage der Rückzahlung nicht rein vom Wohlwollen eines Ministeriums abhängig sein – auch wenn die anstehende Landtagswahl das Wohlwollen vermutlich fördert. Eine Befreiung von der Rückzahlungspflicht, so erfreulich sie für Augsburg wäre, muss rechtlich begründbar sein, wenn das Thema nicht vom Rechnungshof im nächsten Jahresbericht aufgegriffen werden soll. Es stellt sich die Frage der Gerechtigkeit. Und die Lösung muss für Bürger nachvollziehbar sein, weil sich sonst niemand mehr an Fristen gebunden fühlen würde. Die Fristeinhaltung gegenüber den eigenen Bürgern einzufordern – wie etwa im Fall der wegen einer versäumten Frist insolvent gegangenen Krippe Dreikäsehoch – wäre für die Stadt im Falle einer Befreiung künftig schwieriger begründbar.