Augsburger Allgemeine (Land West)
Seegurke sucht Gönner
Den Rüssel des Elefanten streicheln oder die Zebras füttern: Viele Menschen hoffen als Spender ihrem Lieblingstier näherzukommen. Doch nicht immer ist das möglich. Welche Konzepte Zoos in der Region verfolgen
Augsburg/München/Ulm Als Kind wünschte sich Elke Fey, einen Zoo aufzumachen. Ihr Lebensgefährte Peter Holzheu ging bereits als kleiner Bub durch den Augsburger Zoo. „Als ich damals das Bibergehege sah“, erinnert sich Holzheu, „da dachte ich mir: ,Wenn ich groß bin, will ich für die Tiere einen größeren Auslauf bauen.’“Heute tragen die beiden Königsbrunner zum Erhalt des Zoos bei – unter anderem mittels Tierpatenschaften.
Ihre Schützlinge sind richtige Stars im Augsburger Zoo. Es handelt sich um die Nashorn-Kinder Kibo und Keeva. Die beiden Tiere sind 2016 kurz hintereinander auf die Welt gekommen. Doch tapsig und unbeholfen sind die beiden nicht mehr. Aus den Rhino-Kindern wurden mächtige Rhinozerosse. Vergangenes Jahr hatten Fey und Holzheu die Chance, die beiden in ihrem Stall zu streicheln. „Das war ein Erlebnis“, sagt die 50-Jährige. Und ihr Lebensgefährte fügt hinzu: „Sie flößen einem auch Respekt ein.“
So nah kommen Tierpaten ihren Schützlingen in der Regel nicht. „Streicheln und Knuddeln, das mag kein Wildtier“, weiß die Direktorin des Augsburger Zoos, Barbara Jantschke. Einmal im Jahr veranstaltet der Tiergarten einen Patentag. An diesem können die rund 500 Geldgeber ihr Tier besuchen, es füttern und gegebenenfalls streicheln. „Bei Eseln oder Ziegen ist das kein Problem“, sagt Jantschke. „Bei Löwen und Tigern schaut es anders aus.“Da bleibt den Paten nichts anderes übrig, als das Tier hinter der Absperrung zu beäugen.
Der Zoo verwendet die Einnahmen für Tierfutter. Rund 300000 Euro jährlich gibt der Tierpark für die Nahrung aus, in etwa 80 000 Euro davon kommen von den Spenden der Paten. Die Preise pro Tier orientieren sich jeweils an seinen Futterkosten. Eine Patenschaft für eine Wachtel oder ein Kaninchen kostet daher 50 Euro im Jahr. Elefanten-Liebhaber müssen 4000 Euro zahlen. Im Augsburger Zoo gibt es pro Tier jeweils einen Paten – mit einer Ausnahme: Auf die rund 15 Erdmännchen kommen circa 50 Paten.
Im Tierpark Hellabrunn sind die neugierigen Nager ebenfalls die Publikumslieblinge. Ob in Augsburg oder München, generell gilt: „Sobald etwas Fell hat und flauschig ist, ist es beliebt“, sagt Helene Schreiber. Sie ist im Zoo für die Vergabe der Patenschaften verantwortlich. Welches Tier die Paten unterstützen wollen, „hängt oft von Sympathie ab“, ist die stellvertretende Leiterin des Service-Centers überzeugt.
Doch es gibt andere Fälle: Schreiber erinnert sich, wie vor Jahren eine Frau zu ihr kam und sagte: „Ich möchte ein Tier, das keinen Paten hat.“Und der erste Vorschlag fand Gefallen: Es wurde eine Seegurke. Ein wurmartiges Wesen ohne Gesicht. Eher schaurig als putzig.
„Es gibt viele Patenschaften bis
1500 Euro im Jahr“, sagt Schreiber. Bis zu diesem Betrag gelten die Patenschaften für eine Tierart – ab
1500 Euro wird man Pate für ein bestimmtes Tier. „Oft haben Firmen exklusive Patentiere.“Viele Unternehmen werben mit ihrem Schützling.
So hat die Münchner Kaffeerösterei Emilo im vergangenen Jahr die Patenschaft für die beiden OrangUtan-Kinder Quentin und Quinn übernommen – und kreierte daraufhin einen „Affenkaffee“. Dafür benutzte die Kaffeerösterei Bohnen aus Sumatra, der Heimat der beiden Orang-Utans. Pro verkaufter Packung „Kaffee Quentin“und „Espresso Quinn“ging ein Euro an ein Orang-Utan-Artenschutzprojektdes Tierparks Hellabrunn.
Die Einnahmen aus den Patenschaften kommen den Tieren zugute: Die Verwaltung setzt sie für die Reinigung der Gehege, die Behandlung kranker und alter Tiere und für das Futter ein. Doch ob Erdmännchen, Seegurke oder Orang-Utan: „Das Geld geht in einen großen Topf, sodass letztendlich alle Tiere von den Spenden profitieren“, sagt Schreiber.
Im Tiergarten Ulm ziehen ebenfalls alle Tiere – ob mit oder ohne Pate – einen Nutzen aus dem Erlös. Wiewohl der Zoo ein anderes Konzept verfolgt. Mit der Patenschaft wird man für ein Jahr Mitglied des gemeinnützigen Vereins „Freunde des Ulmer Tiergartens“. Die jährlichen Beiträge sind niedriger als im Tierpark Hellabrunn oder dem Augsburger Zoo. „Es soll für jeden erschwinglich sein“, sagt Andreas Dreher, Tierpfleger und stellvertretender Zoo-Leiter. Die günstigsten Patenschaften beginnen bei 20 Euro im Jahr. Für diesen Betrag sind kleine Tiere wie Kornnattern, Bartagamen oder Fische verfügbar. Am meisten ins Gewicht fällt Susi – nicht nur auf der Waage. Die Braunbären-Dame kostet 250 Euro im Jahr. Momentan hat sie keinen Paten.
Die Stadt Ulm übernimmt zwar Futter- und Tierarztkosten. Doch Spielsachen für Zoo-Tiere sind teuer, wie Dreher berichtet: „Ein Ball für Susi kostet 500 Euro.“Denn der muss stabil sein, wenn die Bärin mit ihren Pratzen zustößt.
Im Moment unterstützen rund 150 Paten den Ulmer Zoo. Für Tierpfleger Dreher gibt es noch Spielraum nach oben: „Wir wünschen uns mehr Paten für unsere Tiere.“
Währenddessen gehen im Augsburger Zoo Anfragen für Tiere ein, die noch gar nicht da sind. „Es gibt bereits Interessenten für die Giraffen“, sagt Jantschke. Die sollen in zwei Wochen kommen. Die ZooDirektorin ist selbst Patin eines Tieres – aber keines echten: Ihr hat es der Tausendfüßler der Augsburger Puppenkiste angetan.