Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Sensation aus Japan
Jetzt macht „64“auch bei uns Furore
Nach Triumphen in seiner Heimat, in den USA und Großbritannien ist der Japaner Hideo Yokoyama nun auch in Deutschland wirkungsvoll gelandet: ganz oben bei allen KrimiKritikern und auf den prominentesten Tischen in den Buchhandlungen. Wer aber zu dem Ziegelstein namens „64“greift und aufgrund des Genres „Thriller“irgendwie Frank-Schätzing- oder DanBrown-Artiges erwartet, also Hollywood-Hochspannung und Weltendrama, der wird mit seinem Griff nicht zufrieden sein. Denn dieses
Buch, an dem der Ex-Journalist Yokoyama zehn Jahre gefeilt hat, kommt viel leiser daher und ist viel feiner gewoben. Statt eines Knallers ist es ein Kunststück.
Langsam entfaltet sich das Drama um Mikami, der ein engagierter Ermittler war, nun aber für die Pressearbeit in der Verwaltung der Polizei zuständig ist. Im Feuer des Konflikts zwischen beiden Abteilungen stehend, vom Verschwinden der eigenen Tochter geschockt, gerät Mikami in den Sog eines vertuschten Versagens, das 14 Jahre zurückliegt (aus dem Jahr 64 japanischer Zeitrechnung). Yokoyama entfaltet mit ruhiger Hand ein Origami-Kunstwerk von einem Komplott, das erst spät Krimi-Fahrt aufnimmt. Bis dahin aber leuchtet der Autor tief hinein in die japanische Kultur der Pflicht und Ehre, entfaltet ihre Hierarchien in Behörden und Familien. 64 ist also als Thriller ein bisschen wenig, aber weit mehr als ein Krimi. Interessant.