Augsburger Allgemeine (Land West)
Die zweite Heimat im Ausland gefunden
Auf ihren Reisen fühlt sich Lara Ziegler in Kolumbien immer mehr wie zu Hause / Serie (7)
„Heimat entsteht in der Fremde.“Dieses Sprichwort ist für Lara Ziegler aus Gersthofen wahr geworden. Die junge Frau lebt für einige Zeit in Kolumbien, und besonders das Bundesland Boyacá ist ihr dabei ans Herz gewachsen.
Boyacá liegt im Nordosten Kolumbiens und ist mit knapp eineinhalb Millionen Einwohnern ein kleines Bundesland, das aber viel zu bieten hat. Durch meine Reisen hatte ich bereits interessante Begegnungen mit Kolumbianern, doch ich bin immer froh, wenn ich in die Kleinstadt Duitama zurückkehre. Nicht nur, weil es sehr sicher ist, sondern auch, weil ich in keinem anderen Teil des Landes so offene und neugierige Menschen getroffen habe. Innerhalb der Gastfamilien, bei der Arbeit oder unter Jugendlichen sorgt und kümmert man sich. Ein kurzes Telefonat mit Mitarbeitern oder eine Einladung zum Kaffee, man denkt immer aneinander.
In Boyacá ist es nicht nur sehr einfach, die Sprache zu lernen. Besonders schön sind auch die traditionellen Umgangsformen: „Como es- tas, Sumercé?“heißt „Wie geht’s dir, Sumercé?“und ist eine Floskel, die man täglich hört. Spricht man eine Person mit „Sumercé“an, outet man sich sofort als „Boyacense“, als Einheimischer. „Sumercé“leitet sich von „su mercéd“ab und bedeutete im alten Spanien so etwas wie „Ihnen zu Diensten, Euer Gnaden“. Es ist eine ursprüngliche Form des Respektes, die die Kolumbianer in Boyacá in ihren Sprachgebrauch aufgenommen haben. Das Schönste daran ist die Reaktion der Einwohner, wenn ich als Ausländerin sie damit anspreche. Das gibt ihnen ein Gefühl, dass ich doch nicht so fremd bin.
Auch „veci“, das ist die Kurzform von vecino für Nachbar, ist eine lieb gemeinte Floskel, mit der der Arbeitskollege, der Friseur oder die Frau an der Supermarktkasse angesprochen wird. Menschen, de- nen man im Alltag begegnet, selbst wenn man keine wirkliche Beziehung zu ihnen hat, sind alle „Nachbarn“.
Beim Tanzen lernt man seine Mitmenschen noch näher kennen. Vallenato, Bachata, Merengue, Reggaetón, Salsa – die unterschiedlichen Tanz- und Musikarten Kolumbiens sind so vielfältig wie das Land selbst. Auch wenn die Boyacenses als schlechte Tänzer bekannt sind, ist das latinische Feuer, das hier jeder hat, für mich beeindruckend. Das Fröhliche und Unbeschwerte, das in der Musik liegt, macht den Alltag leichter und sonniger. Durch ihr Rhythmus- und Taktgefühl haben die Kolumbianer einen fest im Griff und lassen beim Paartanz selbst den unbegabtesten Partner gut aussehen.
Auch das Essen hat es mir angetan: Tamal, Asado, Rejenos, Picada. Alles klingt exotisch und unterschiedlich, und doch haben alle Gerichte etwas gemeinsam: Fleisch. Denn ohne die tägliche Portion Hühnchen, Rind oder Schwein ist es für die Kolumbianer ein schlechter Tag. Auch an einer großen Portion Reis oder Kartoffeln darf es nicht fehlen. Auf Dauer ist das Essen sehr einseitig, aber immer kalorienreich. Nur von den reifen Früchten bekommt man nie genug. Was zu keiner Feier fehlen darf, ist der Alkohol Aguardiente, der vom Geschmack her vergleichbar ist mit dem griechischen Ouzo.
OSo
geht’s weiter In der nächsten Fol ge erzählt Lara Ziegler von der Natur und den Sportarten Kolumbiens.