Augsburger Allgemeine (Land West)
Was Berufsschüler in Tschechien so alles lernen können
Die Fachschule für Ernährung und Versorgung in Neusäß hat ein Programm, das in Bayern einzigartig ist
Neusäß Wenn es um das Thema Schüleraustausch geht, dann haben viele Schulen Kontakte zu den „klassischen“europäischen Partnern wie England oder Frankreich. Nicht so die Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung in Neusäß. Sie hat Verbindungen zu Norwegen, Tschechien und Griechenland und nimmt damit eine Vorreiterrolle in ihrem Schulbereich in Bayern ein. Was das Programm außerdem unterscheidet: Es geht nicht so sehr um den zwischenmenschlichen Austausch in einer Fremdsprache. Stattdessen werden gerne traditionelle Rezepte zwischen den Schülerinnen gewechselt.
Kurz vor den Pfingstferien endete der Besuch einiger tschechischer Schülerinnen aus Klatovy (Klattau) an den Beruflichen Schulen in Neusäß. Zwei Wochen hatten sie mit ihren Lehrkräften zuvor in Schwaben verbracht, waren in Augsburg beim Kahnfahren genauso wie auf Entdeckungstour im Alpenvorland. Als letzter Höhepunkt war ein gemeinsames Büfett mit den deutschen Schülern geplant – bei dem im letzten Moment noch improvisiert werden musste. Zwar hatte die tschechische Lehrerin zuvor die Rezepte an die Schule geschickt, die die Zutaten dann auch eingekauft hatte. Doch im letzten Moment wollte die Lehrerin doch lieber andere Gerichte anbieten. „Es wurde improvisiert, wie daheim in der Küche auch immer mal wieder“, berichtet die stellvertretende Schulleiterin Monika Stockinger-Warm. Herausgekommen sind appetitliche kleine Häppchen von Kässpatzen bis RoteBeete-Aufstrich und von Fleischklößchen bis Apfelstrudel.
Denn auch wenn viele Gerichte in Bayern und Böhmen ganz ähnlich sind, einen entscheidenden Unterschied hat Schülerin Anja Schloz bei ihrem Aufenthalt in Tschechien mitbekommen: Fleisch dominiert die Speisekarte in jedem Fall, die Zubereitung ist zudem eher fettreich, Gemüse gibt es kaum. Als „einfach cool“beschreibt sie, dass sie bei ihrem Aufenthalt in Tschechien einmal in ein ganz anders Leben eintauchen konnte. Mitbekommen hat sie auch viel von dem dortigen Schulsystem: Während sie und ihre Klassenkameradinnen in Neusäß vorwiegend in der Schule und der dortigen Lehrküche lernen, konnte sie in Klattau hauptsächlich im Restaurant mithelfen und dort in der Praxis lernen.
„Das ist eine der Erfahrungen, die die Schüler auch ruhig machen sollen“, erklärt Studienrätin Svenja Hoffmann. Die Austausche mit den unterschiedlichen Ländern sind ihr ein großes Anliegen, denn sie weiß: Auch wenn ihre Schülerinnen nicht die Sprache des jeweiligen Gastlandes lernen, so machen sie doch Erfahrungen, die sie in ihrem späteren Berufsleben weiterbringen. Viele Abgängerinnen der Berufsfachschule arbeiten anschließend beispielsweise in Altenheimen, in Krankenhäusern oder in der Gastronomie. Dass es immer mehrere Herangehensweisen an eine Aufgabenstellung gibt, muss in diesen Bereichen besonders oft umgesetzt werden.
Mit „Händen und Füßen“habe sich Anja Schloz in Tschechien verständigt, wie sie erzählt. Da hatte es ihre Klassenkameradin Laura Haider einfacher. Sie war beim Austausch in Norwegen, mit Deutsch und Englisch kam sie dort gut durch. Ähnlich wie in Deutschland hat sie dort ein eher schulisches Ausbildungssystem erlebt. Weil sie dort viele Rezepte kennengelernt hat, die Fisch zur Grundlage haben, kann sie diese hier allerdings nicht so leicht nachkochen. Nun freut sie sich auf neue Erlebnisse zum Ende des Schuljahres. Laura Haider fährt dann mit der ersten Gruppe der Schule zum neuen Austauschziel nach Griechenland.