Augsburger Allgemeine (Land West)
Kein Entkommen vor der Lkw Maut
Seit 1. Juli müssen Lastwagenfahrer auf allen deutschen Bundesstraßen Gebühren bezahlen. Machen sie im Augsburger Land jetzt einen Bogen um B2 und B300? Erste Umfragen zeigen: Nein. Umfahren ergibt keinen Sinn
Landkreis Augsburg Vier Meter hoch und satt blau steht sie am Straßenrand, mit Sensoren und Bildschirmen ausgestattet, am unteren Ende ein grüner Streifen. Eine Kontrollsäule für die Lkw-Maut, die seit Sonntag, 1. Juli, auf allen deutschen Bundesstraßen gilt. Die derzeit einzige Säule im Landkreis befindet sich momentan in Nordendorf, direkt an der Bundesstraße 2, auf Höhe zwischen Dieselstraße und Welserstraße. Sie kontrolliert, ob mautpflichtige Fahrzeuge die Gebühren korrekt entrichten.
Egal ob innerorts, außerorts, einspurig oder mehrspurig – seit Sonntag müssen auf allen Bundesstraßen in Deutschland Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht Mautbeiträge bezahlen. Das gilt nun auch für die B300, die im Augsburger Land unter anderem durch Diedorf, Gessertshausen und Ustersbach führt. Hoffnungen, dass der LkwVerkehr dort abnehmen wird und die Lastwagen die Bundesstraße über Schleichwege umfahren, macht sich Jürgen Mögele, Bürgermeister von Gessertshausen, aber keine. „Die B 300 ist eine wichtige Strecke, der man nicht leicht ausweichen kann.“Ob die Lkw-Maut das Verkehrsaufkommen an Lastwagen einschränken wird, kann er noch nicht abschätzen. „Dafür ist es noch viel zu früh. Das werden wir erst in ein paar Monaten sehen.“
Die B300 im westlichen Landkreis ist eine der Strecken, die erst seit 1. Juli zum Mautgebiet gehören. Die vierspurige B2 im nördlichen Landkreis von Donauwörth bis zur A 8 dagegen ist schon seit August
2012 gebührenpflichtig. Dort steht auch die einzige blaue Kontrollsäule, von denen in ganz Deutschland mittlerweile 600 Stück aufgebaut werden. Sie sind nicht mit einer Mautstelle zu verwechseln, an denen bezahlt werden kann. Die Kontrollsäulen erstellen von den Fahrzeugen ein Übersichts-, ein Seitenansichtsund ein Kennzeichenbild und überprüfen die Fahrzeugdaten.
Vor sechs Jahren hat man in Langweid nichts von der Mauteinführung gespürt, sagt Bürgermeister Jürgen Gilg. Er habe nicht festgestellt, dass die Lastwagen die Mautstrecke über die Gemeinde und die Landstraßen umfahren wollten. Dabei bewegen sich täglich mehr als
4000 Lastwagen auf der B 2 an Langweid vorbei. Das Problem liege im Ortsteil Stettenhofen, dort sei die Lkw-Belastung seit vielen Jahren hoch. Das liege aber vor allem daran, dass viele Fahrzeuge in die Gewerbegebiete kommen müssten. „Inwieweit da Lastwagen dabei sind, die sich die Maut sparen wollen und deshalb der Bundesstraße lässt sich nicht abschätzen.“
Auch ein Stück weiter nördlich in Thierhaupten, das ebenfalls direkt an der Bundesstraße liegt, war von der Maut 2012 nichts zu spüren. Anton Berchtenbreiter ist dort im Rathaus Geschäftsstellenleiter und sagt: „Mit zwei Staatsstraßen ist der Ort ohnehin stark befahren. Mit der Mauteinführung hat der viele Verkehr nicht viel zu tun.“Berchtenbreiter habe in den letzten Jahren stattdessen beobachtet, dass der Verkehr eher über die Jahre schleichend zunimmt.
Das bestätigt auch Toni Brugger, Bürgermeister in Thierhaupten. „Die Verkehrsbelastung ist mit knapp 12000 Fahrzeugen sehr hoch und bei unseren Bürgern umstritten.“Allerdings liege der Ort eben verkehrsgünstig – sowohl die OstWestals auch die Nord-Süd-Achse seien eben stark befahren.
Nicht nur die Ortschaften an den Bundesstraßen und Ausweichrouten seien die Verlierer der Lkw-Maut. Auch Speditionsunternehmen wie Andreas Schmid Logistik in Gersthofen sind von den Gebühren betroffen. Helmut Treffer ist dort für den Landverkehr verantwortlich und sagt: „Statt bisher 15000 Kilometer sind ab sofort mit Bundesstraausweichen, ßen und Autobahnen 53000 Kilometer in Deutschland mautpflichtig.“Eine sogenannte On-BoardUnit, ein Gerät, das fest im Fahrzeug verbaut ist, ermittelt die gefahrene Strecke und rechnet kilometergenau die Mautgebühren ab. Die Mautstrecken zu umfahren, wäre zwar theoretisch erlaubt, sagt Treffer. „In der Praxis ergibt das aber keinen Sinn.“Denn über enge Straßen und Ortsdurchfahrten auszuweichen, würde den Dieselverbrauch und den Zeitverlust deutlich steigern.
Das Gersthofer Logistik-Unternehmen mit rund 150 Lastwagen über 7,5 Tonnen wird die Mautausdehnung voraussichtlich einen sechsstelligen Betrag kosten, sagt Helmut Treffer. Dazu kommt, dass ab 1. Januar 2019 zusätzlich die Gebühren nochmals um rund 40 Prozent angehoben werden sollen. „Solche Kostensteigerungen sind für uns nicht zu kompensieren. Wir müssen diese staatlich verordneten Preissteigerungen an die Kunden weitergeben.“