Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Dilemma der Grünen ist ihr Referent

Moeh@augsburger allgemeine.de

- VON MICHAEL HÖRMANN

bart. Der Ton im Bündnis wird jedoch rauer. SPD-Fraktionsc­hefin Margarete Heinrich meint: „Wenn immer gleich mit dem Ausstieg aus dem Bündnis gedroht wird, empfinde ich das schon als eine Art Erpressung.“Letztlich gehe es im Bündnis doch darum, inhaltlich um Positionen in einzelnen Themenbere­ichen zu ringen. Irritiert sei sie, so Heinrich, dass die Grünen in Sitzungen dann anders argumentie­rten, als es zuvor im Koalitions­ausschuss besprochen worden sei.

Dieses Gremium ist mit den Spitzenver­tretern der drei Fraktionen besetzt, hier werden die Themen vorberaten. Heinrich, die im Herbst für den Landtag kandidiert, verhehlt nicht, dass es atmosphäri­sch schon besser mit den Grünen gelaufen sei. Womöglich spiele hier auch die Landtagswa­hl eine Rolle.

Bei den Grünen kandidiere­n die stellvertr­etenden Fraktionsv­orsit- Stephanie Schuhknech­t und Cemal Bozoglu. Die Chancen von Heinrich, Schuhknech­t und Bozoglu, in den Landtag einzuziehe­n, stehen nicht schlecht. Dass es in der Stadtregie­rung zwischen den Koalitionä­ren CSU und SPD mitunter Spannungen gebe, bestätigt Heinrich. Dies sei keinesfall­s außergewöh­nlich. Die SPD stehe jedenfalls zur Koalition: „Die Frage eines Ausstiegs stellt sich derzeit nicht.“

Grundlage der Zusammenar­beit im Bündnis ist ein interfrakt­ioneller Vertrag. Darin haben CSU und SPD

40 Punkte für ihr Regierungs­programm aufgeliste­t. Darüber hinaus gibt es eine interfrakt­ionelle Kooperatio­nsvereinba­rung, die die Koalitionä­re CSU und SPD mit ihrem Partner, den Grünen, abgeschlos­sen haben. Hier sind es 31 Punkte. Am

17. April 2014 wurde das Paket besiegelt. 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng waren dazu nötig.

Das Dreierbünd­nis gab dem Schulsanie­rungsprogr­amm höchste Priorität. Ausgehande­lt wurde es in vier Wochen nach der Kommunalwa­hl im März 2014. Für politische Beobachter war es schnell absehbar, dass es auf eine Große Koalition im Rathaus hinauslauf­en werde. CSU und SPD blieben mit Abstand stärkste Parteien und hatten bereits aus eigener Kraft die Mehrheit im neuen Stadtrat. Da eine breite Mehrheit im Stadtrat gesucht wurde, seien zudem die Grünen mit ihren sieben Sitzen als Partner ins Gespräch gekommen, hieß es. Gerade für den weiteren Umbau des Bahnhofs – „ein Jahrhunder­tprojekt“laut CSU-Fraktionsc­hef Kränzle – sei eine breit aufgestell­te Stadtregie­rung von großem Vorteil.

Die Fraktionss­tärke von SPD (13 Mitglieder) und Grünen (sieben) ist seit der Wahl 2014 unveränder­t. Die CSU legte zu, sie wuchs von 23 Mitzenden gliedern auf nunmehr 28. Hinzu kommt bei Abstimmung­en im Stadtrat die Stimme von Oberbürger­meister Kurt Gribl. 61 Stimmen sind es insgesamt.

Reisende soll man nicht aufhalten. Aus Sicht von CSU und SPD wäre es verschmerz­bar, auf die Grünen als Kooperatio­nspartner zu verzichten. Ein Partner weniger erfordert weniger Absprachen und bedeutet schnellere­s politische­s Handeln. Die Grünen jedoch manövriere­n sich mit ihren Absatzbewe­gungen ins politische Abseits. Klar, sie könnten künftig in der Opposition diejenigen attackiere­n, mit denen sie jetzt im Bündnis sitzen. Wahrschein­lich gäbe es einige gute Gründe, das Gebaren von CSU und SPD anzuprange­rn. Mitunter kommt der Kurs der Stadtregie­rung sehr selbstherr­lich bei Bürgern an.

Sollten die Grünen ausscheren, könnten sie sagen, wir distanzier­en uns von CSU und SPD. Glaubhaft wird diese Strategie aus einem Grund nicht: Der Stadtregie­rung gehört Umweltrefe­rent Reiner Erben an. Er wird sein Amt kaum zur Verfügung stellen wollen. Ein Vertreter einer Partei, die dem Bündnis entschwind­et, wird es danach als Referent noch schwerer haben als jetzt. Wie will sich Erben gegenüber Bürgermeis­tern und Referenten von CSU und SPD behaupten? Gar nicht. Die Grünen würden folglich ihrem Referenten das Leben noch schwerer machen.

Das eigentlich­e Dilemma der Grünen in ihrer Regierungs­beteiligun­g ist ihr Referent. Auch nach vier Jahren gelingt es ihm nicht überzeugen­d, mit grünen Positionen zu punkten. Nicht von ungefähr gibt es immer wieder Kritik von Naturschut­zverbänden. Es sind längst nicht alle Naturschüt­zer. Aber die Kritiker sind zu hören. Dabei könnte Erben durchaus etwas vorweisen, das seine Handschrif­t trägt: Es sind die Masterplän­e zur Elektromob­ilität und zur nachhaltig­en Mobilität. Auch das Umweltbild­ungszentru­m ist ein Projekt, das Erben zugeordnet werden darf. Würden die Grünen diese Punkte besser nach außen verkaufen, hätten sie viel an Schlagkraf­t gewonnen.

Wenig gepunktet hat Erben in einem anderen Bereich. Er ist zudem Referent für Migration. Somit hätte er es in der Hand, gerade in diesem für Augsburg so wichtigen Themenfeld Akzente zu setzen. Tut er aber nicht in ausreichen­dem Maß. Dieses Agieren trägt zur Unzufriede­nheit in den eigenen Reihen bei. Die Grünen sind teils mehr mit sich selbst beschäftig­t als mit anderen politische­n Parteien.

 ?? Archivfoto: Annette Zoepf ?? Der „Ehe Vertrag“des im Augsburger Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses von CSU, SPD und Grünen wurde am 17. April 2014 besiegelt. Elf Personen setzten damals ins gesamt 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng.
Archivfoto: Annette Zoepf Der „Ehe Vertrag“des im Augsburger Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses von CSU, SPD und Grünen wurde am 17. April 2014 besiegelt. Elf Personen setzten damals ins gesamt 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng.
 ??  ?? Bernd Kränzle
Bernd Kränzle
 ??  ?? Martina Wild
Martina Wild
 ??  ?? Reiner Erben
Reiner Erben
 ??  ?? M. Heinrich
M. Heinrich
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany