Augsburger Allgemeine (Land West)
Seenotretter sitzt im Hafen fest
Sebastian Platz aus Thierhaupten hilft auf einem Flüchtlingsrettungsboot mit. Warum sich das Engagement des 26-Jährigen in Valletta derzeit „einfach nur mies“anfühlt
Thierhaupten/Valletta Sebastian Platz aus Thierhaupten ist traurig und enttäuscht. Er sagt: „Ich sitze auf heißen Kohlen und es fühlt sich einfach nur mies an.“Der 26-Jährige engagiert sich als Seenotretter und sitzt im Hafen der maltesischen Hauptstadt fest. Sein Rettungsboot Seefuchs von der Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye darf wegen einer ungelösten Flaggen-Frage nicht ausschiffen. In einem Telefonat schilderte der ehrenamtliche Helfer seine Erfahrung während der ersten Mission im April. Aber auch was das aktuelle Warten für die Seenotretter bedeutet, fasste er in dem Gespräch zusammen.
„Es ist wie bei einem Unfall auf der Autobahn“, sagte Platz. Man sitze im Rettungswagen und wolle den Verletzten helfen, aber die restlichen Verkehrsteilnehmer bilden keine Rettungsgasse und man könne nichts anderes tun, als einfach zu warten. Genau so lasse sich die Situation hier momentan beschreiben.
Der Wunsch zu helfen brachte den Thierhauptener vor die libysche Mittelmeerküste. Exakt 24 Seemeilen vor Libyen und damit auf internationalen Gewässern war der junge Mann im April zwei Wochen unterwegs. Bei der Mission war er als Maschinist eingeteilt und wollte gemeinsam mit seinen Crew-Kollegen in Seenot geratene Flüchtlinge retten. In der ersten Mission sei es zu keinem Ernstfall gekommen, sagte Platz. „Zwar haben wir mehrfach verlassene Boote entdeckt, aber Menschen konnten wir leider keine retten. Was genau mit den Bootsinsassen passierte, wusste Platz nicht. Es gebe aber nur zwei Möglichkeiten: Entweder wurden sie von der libyschen Küstenwache entdeckt, oder sie seien bei der gefährlichen Überfahrt ertrunken, sagte der junge Mann nach einem kurzen Schweigen. Die Erfahrungen auf der Mission haben aber auch etwas mit ihm gemacht. „Die verlassenen auf hoher See waren einfach nur gespenstisch“, erinnerte sich Platz. Nach dem er das mit eigenen Augen gesehen hatte, war er sich sicher, dass er noch bei zwei weiteren Hilfsmissionen in diesem Jahr dabei sein möchte.
Der Plan ging aber nicht auf. Denn seine zweite Mission Anfang Juli wurde gestrichen. Die Seefuchs, das Boot auf dem Ehrenamtliche Menschen in Not retten, geriet wegen einer ungelösten Flaggen-Frage in die Schlagzeilen. Die niederländischen Behörden entzogen der Seefuchs ihre Genehmigung. Da aber jedes Schiff in internationalen Gewässern unter einer Landesfahne laufen muss, kann die Seefuchs derzeit nicht ausschiffen. Weil Amsterdam der Heimathafen der Seefuchs ist, fuhr der ausgediente Kutter bis Juni unter niederländischer Flagge. Derzeit bemüht sich der Regensburger Hilfsverein darum, dass das Rettungsboot künftig unter deutSchlauchboote scher Flagge fahren darf. Solange die Genehmigungen laufen, sind die Missionen gestoppt. Aber in den kommenden Tagen werde sich das ändern. Es handle sich nur noch um eine bürokratische Formsache, sagte Platz zuversichtlich. Während der Wartezeit im Hafen bringt Platz das Schiff auf Vordermann und wartet die Motoren und Gerätschaften des Kutters. Außerdem übt er gemeinsam mit seinen Bordkollegen täglich für den Ernstfall.