Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum starben Leni und Maja?
Ein Jäger hat im Juli zwei Hunde auf einer Wiese bei Königsbrunn erschossen, Tierschützer haben ihn angezeigt. Denn rechtens wären die Schüsse nur, wenn die Tiere beim Wildern erwischt worden wären. Jetzt ermittelt die Polizei
Ein Jäger hat im Juli zwei Hunde auf einer Wiese bei Königsbrunn erschossen, Tierschützer haben ihn jetzt angezeigt. Denn rechtens wären die Schüsse nur, wenn die beiden Hunde beim Wildern erwischt worden wären. Jetzt ermittelt die Polizei.
Königsbrunn Zwei tote Hunde aus dem Königsbrunner Süden sorgen für Aufregung in den sozialen Netzwerken. Ein Jäger hat die beiden Tiere erschossen. Die Polizei ermittelt, ob der Mann abdrücken durfte oder ob er sich strafbar gemacht hat.
Genau einen Monat ist es nun her, dass Judith Jamison ihre beiden Hunde Leni und Maja verloren hat. Sie hatte die Tiere wie jeden Morgen kurz nach sieben Uhr aus dem Haus gelassen. Normalerweise seien die Mischlinge auf den Wiesen um das Grundstück herum gerannt und hätten ihr Geschäft verrichtet. Am 10. Juli kam gegen 7.30 Uhr der Jäger auf den Hof und habe ihr zugerufen, dass sie ihre Hunde aufklauben könne. Er habe sie gerade erschossen, berichtet Judith Jamison. Sie sei sofort losgelaufen und habe die Tiere etwa 150 Meter vom Haus entfernt gefunden. „Die eine war tot, die andere hat sich noch bewegt“, sagt sie. Als der Jäger sah, dass ein Tier noch lebte, holte er seine Waffe und schoss dem schwer verletzten Hund in den Kopf. Dieser Anblick lässt die Besitzerin bis heute nicht los.
Sie hat den Tierschutzverein Franz von Assisi in Kissing über den Fall informiert. Von dort hatte sie Leni und Maja vor zweieinhalb Jahren adoptiert. „Bevor wir einen Hund vermitteln, überzeugen wir uns, dass das Tier ein gutes Zuhause findet. Und wir werden auch informiert, wenn eines unserer Tiere stirbt“, sagt die Vorsitzende Doris Lackner. Als sie von den Umständen des Todes der Hunde erfuhr, schaltete sie die Polizei ein. Die meisten Jäger, die sie kenne, würden die Besitzer von wildernden Hunden mehrfach vorwarnen, ehe sie einen Schuss in Betracht ziehen. Judith Jamison gibt an, dass der Jäger ihr einige Monate vor dem Vorfall einmal gesagt habe, dass sie besser auf die Hunde achten solle.
Rechtlich sind Jägern für Schüsse auf Hunde enge Grenzen gesetzt, sagt Wolfgang Kuhlmann, Sachbearbeiter bei der Jagdbehörde des Landkreises Augsburg. Maßgeblich hier das Bayerische Jagdgesetz: Laut Paragraf 42, Absatz 1 dürfen Jäger nur dann auf wildernde Hunde schießen, wenn diese im Jagdrevier erkennbar Wild nachsetzen und es auch gefährden, also reißen können. „Es gibt viel einschlägige Rechtsprechung zu dem Thema. Es ist eigentlich klar, wo die Grenzen liegen“, sagt Kuhlmann.
Unter den Jägern in der Region werde der Fall aufmerksam verfolgt. Denn auch in den Revieren rund um Augsburg komme es immer wieder vor, dass Wildtiere von wildernden Haustieren gerissen werden. Trotzdem würden viele niemals auf einen Hund schießen: „Ich kenne viele Jäger und 90 bis 95 Prozent, mit denen ich gesprochen habe, sagen, dass das für sie nicht infrage kommt“, sagt Kuhlmann. Sollte sich herausstellen, dass die Schüsse in Königsbrunn nicht rechtens waren, wäre das aber ein Katastrophe für alle: „Das bringt auch alle anständigen Jäger in Verruf.“Entsprechend groß sei das Interesse an einer genauen Klärung des Falls. Falls der Jäger vor Gericht für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen oder mehr verurteilt würde, werde ihm zudem der Jagdschein entzogen.
Ob es überhaupt zu einem Gerichtsprozess kommt, müssen die Ermittlungen der Polizei zeigen. Die Beamten ermitteln wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und Sachbeschädigung. Eine Versei nehmung des Jägers habe Anhaltspunkte ergeben, dass es möglicherweise rechtfertigende Gründe für die Schüsse gegeben habe, sagt Markus Graf, der stellvertretende Leiter der Bobinger Inspektion. Der Mann habe mehrere Zeugen für seine Version der Ereignisse benannt, die nun befragt werden müssten. Mehr Details will Graf wegen der laufenden Ermittlung nicht nennen. Auch Tierschützerin Lackner hat einen Zeugen benannt, der bald befragt werden soll: Ein Mann hat den Vorfall beobachtet, als er gerade sein Kind zur Schule bringen wollte.
Wenig hilfreich für die Arbeit der Polizei ist, dass der Fall durch Medienberichte, die nur die Version der Hundebesitzerin aufgreifen, durch die sozialen Netzwerke kursiert. „Dort ist mittlerweile auch der Name des Jägers aufgetaucht. Hier findet eine öffentliche Vorverurteilung statt“, sagt Markus Graf. Die Ermittlungen würden noch einige Zeit in Anspruch nehmen: „Aber wir sind nicht untätig, sondern arbeiten intensiv daran.“