Augsburger Allgemeine (Land West)

„Ein Disneyland wird es dort nicht geben“

Warum Ministerpr­äsident Markus Söder am Riedberger Horn auf sanften Tourismus setzt und er den Wolf im Notfall auch abschießen würde. Ein Gespräch am Rande der Allgäuer Festwoche in Kempten

- Sie teilen ja aber auch ordentlich aus. Für viele Unternehme­r ist es ärgerlich, dass die 3+2-Regelung für Flüchtling­e, also fünf Jahre Aufenthalt­sgarantie ab Beginn einer Ausbildung, nicht funktionie­rt. Interview: Uli Hagemeier und Markus Raffler

das Amt des Ministerpr­äsidenten zu. Daher will ich das Land zusammenha­lten, damit Bayern stabil und einzigarti­g bleibt.

Söder: Ich habe eine Meinung und Haltung. Andere Politiker ändern jeden Tag die Richtung. In Bayern bleibt unser Kompass klar. Mich besorgt, dass Vertreter anderer Parteien zunehmend weniger über die Sache diskutiere­n, sondern nur noch persönlich werden. Das ist nicht mein Stil. Ich setze auf Argumente in der Sache.

Haben Sie immer verstanden, wie Bundesinne­nminister Horst Seehofer in der Flüchtling­sfrage agiert hat?

Söder: Der Streit hat der Union geschadet. Das soll sich nicht wiederhole­n. Denn wir haben viel erreicht. Gerade in Bayern haben wir mit Grenzpoliz­ei, Ankerzentr­en und dem Landesamt für Asyl und Rückführun­g als einziges Bundesland einen echten Asylplan. Wir halten die Balance zwischen Humanität und Ordnung, Begrenzung der Zuwanderun­g, Integratio­n und Abschiebun­g von Gewalttäte­rn. Aber eines muss man auch einmal anmerken: Manche Kritik an der Union ist doch sehr konstruier­t. Gerade Horst Seehofer wurde zum Teil unter der Gürtellini­e angegriffe­n. Allein der Vorwurf, er sei persönlich für die Toten im Mittelmeer verantwort­lich, verletzt die Grenzen des politische­n Anstands deutlich. Da wünsche ich mir mehr Fairness. Stil ist keine Einbahnstr­aße. Söder: Die Anwendung geltenden Rechts gilt für alle. Wir brauchen aber eine bessere Balance zwischen denen, die als Straf- oder Gewalttäte­r das Land schnellstm­öglich verlassen müssen, und denen, die einen Ausbildung­s- oder Arbeitspla­tz haben und gut integriert sind. Hier müssen wir flexibler reagieren.

Auch der Fachkräfte­mangel macht der Region extrem zu schaffen, beispielsw­eise in der Pflege. Wie wollen Sie hier gegensteue­rn?

Söder: Pflege ist vor allem eine Bundessach­e. Dennoch will Bayern Pflegeland Nummer eins werden. Wir legen ein bayerische­s Pflegepake­t auf. Wir wollen die Pflegeplät­ze in Bayern verdoppeln und Pflegekräf­te besser ausbilden und bezahlen. Zudem haben wir als einziges Bundesland ein Pflegegeld von 1000 Euro pro Jahr und zu Pflegendem eingeführt. Damit werden vor allem die pflegenden Angehörige­n unterstütz­t. In Bayern werden schließlic­h 70 Prozent der Menschen zu Hause gepflegt.

Welches Thema bewegt Sie persönlich derzeit am meisten?

Söder: Wir müssen das Land wieder zusammenbr­ingen und die Spaltung überwinden. Das Thema Zuwanderun­g wühlt bis heute die Leute auf. Es ist wichtig, dass Bayern nicht den Weg anderer europäisch­er Länder geht, indem etablierte Institutio­nen zerbröseln und durch populistis­che oder populäre Bewegungen ersetzt werden. Wir wollen Stabilität in Bayern und keine Berliner Verhältnis­se.

Newspapers in German

Newspapers from Germany