Augsburger Allgemeine (Land West)
Aus einem Film rausgehen?
Mitunter stellt sich die Gewissheit schon nach wenigen Szenen ein: Man sitzt im falschen Film. Etwa im vergangenen Jahr bei einem dieser Künstlerfilme, „Auguste Rodin“. Hätte ja was werden können, schwieriger Charakter, dazu das Drama mit Camille Claudel… Aber dann: auf bestürzende Weise gar nichts, er Schürzenjäger, sie eine Irre, Kunst als Klischee, nicht auszuhalten. Oder kürzlich „Jurassic World 2“: Halt wieder bloß das ewige gleiche Echsentheater, hohles Pixel-Spektakel, hätte man vielleicht wissen können. Jeder hat für solche im Wortsinne ent-täuschende Kinoerfahrungen seine eigenen Beispiele. Aber was tun?
Einfach rausgehen? Mit dem Kino wie zu Hause mit dem Fernsehen verfahren: abschalten? Obwohl man hier (als Schwabe!) doch extra bezahlt hat? Aber darum Ausharren in der Hoffnung, dass vielleicht doch noch, eventuell zum Schluss hin…?
Die Frage ist in zwei Fällen eindeutig zu beantworten. Der erste ist einer für Klassiker wie Pasolinis „Die 120 Tage von Sodom“oder den kürzlich gefeierten „Hereditary“. Es gibt Bilder des Horrors und der Gewalt, denen man sich nicht aussetzen will, weil man sie womöglich nie wieder loswird. Also: Raus! Der zweite Fall ist einer für Menschen, die ihren Unmut nicht für sich behalten können, die immerzu seufzen oder gar abfällig kommentieren müssen. Denn der Unterschied zur Couch zu Hause ist die Öffentlichkeit des Kinos. Der falsche Film für einen selbst kann – so unvorstellbar das mitunter erscheinen mag – für andere der richtige sein. Man muss seine Umwelt ja nicht mit seiner Meinung behelligen! Beispiele? Wer etwa ein Drama wie in Hanekes „Liebe“nicht aushält oder bei Science-Fiction Spektakel braucht, nichts Feines wie Denis Villeneuves „Arrival“– bitte: Raus! Oder stumm verzweifeln. Kunst ist nicht demokratisch.