Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie behindertengerecht ist die Fuggerei?
Ein Besucher ist enttäuscht und schreibt an die Stadt. Die Verwaltung der Sozialsiedlung ist erstaunt
Manfred Förtsch, 68, ist gebürtiger Augsburger. Bis zu seinem 28. Lebensjahr lebte er in der Stadt. Später zog es ihn aus beruflichen Gründen nach Wasserburg am Inn. Dort, in Oberbayern, lebt er auch heute noch. Förtsch ist ehrenamtlich in der Behindertenarbeit tätig. Ein Besuch in Augsburg mit zehn Personen der Jungen MS-Gruppe Wasserburg, darunter vier Rollstuhlfahrer, war für Förtsch zuletzt ein unschönes Erlebnis.
MS steht für Multiple Sklerose. Es sind Menschen, deren Bewegungsfreiheit vielfach eingeschränkt ist. Die MS-Erkrankten aus Wasserburg waren laut Förtsch über den Besuch der Fuggerei nachhaltig verärgert. Ihr Unmut konzentriert sich auf die Eintrittsgelder und die teils erschwerte oder gar unmögliche Erreichbarkeit einzelner Gebäude in der Fuggerei. In einem Schreiben, das an die Stadt Augsburg gerichtet ist und das unserer Zeitung vorliegt, kommt der ehemalige Leiter des Stadtbauamtes Wasserburg zum Schluss, „dass ich unseren Behinderten von weiteren Besuchen der Fuggerei abraten werde“.
Wie steht es um die behindertengerechte Erreichbarkeit der Fuggerei? Auf Anfrage nahm Astrid Gabler, Sprecherin der Fugger’schen Stiftungen, Stellung zur Kritik des Besuchers. Dass es keine Ermäßigung für Behinderte gibt, treffe nicht zu, sagt sie. Behinderte und deren Begleitpersonen zahlen drei Euro Eintritt. Der reguläre Preis liegt bei vier Euro. Dass die Gruppe aus Wasserburg 30 Euro und damit den Gruppentarif zu zahlen hatte, sei nachvollziehbar: „Die zehn Personen mit dem ermäßigten Eintritt wären ebenfalls auf 30 Euro gekommen.“Insofern habe die Kassendame alles richtig gemacht.
Intensiv hat die Sprecherin der Fugger’schen Stiftungen untersucht, warum die Behinderten aus Wasserburg nicht ins Museum gekommen sein sollen, wie Förtsch es schildert. Astrid Gabler: „Das kann eigentlich nicht sein, dass das Museum geschlossen ist.“Gerade jetzt im Sommer zur Zeit der vielen Touristenbesuche. Möglicherweise sei am besagten 16. Juli aber die Türe geschlossen gewesen.
Dass die Musterwohnungen nicht behindertengerecht zugänglich seien, treffe nicht zu. „Bei den Schauwohnungen ist es so, dass es als Alternative zum Eingang einen Zugang hinten durch den Garten gibt.“ Für das Museum gebe es eine Rampe. „Das einzige Gebäude, das für Behinderte gar nicht oder nur schwer zugänglich ist, ist der historische Bunker“, so Gabler.
Dazu müsse man wissen, dass die fast 500 Jahre alte Sozialsiedlung unter Denkmalschutz stehe. Dennoch werde für die Belange von Behinderten vieles gemacht. So gebe es in der Fuggerei zwei behindertengerechte Toiletten. Es habe zudem in der Fuggerei zuletzt einen Bewohner gegeben, der behindert war. Für ihn sei ein eigener Zugang geschaffen worden. So barrierefrei wie möglich müsse die Fuggerei deshalb sein, so Gabler weiter, weil einige Bewohner mit Rollatoren unterwegs sind. „Wir sind jedenfalls dabei, die Anforderungen für behindertengerechte Lösungen kontinuierlich weiterzuentwickeln.“