Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie behinderte­ngerecht ist die Fuggerei?

Ein Besucher ist enttäuscht und schreibt an die Stadt. Die Verwaltung der Sozialsied­lung ist erstaunt

- VON MICHAEL HÖRMANN

Manfred Förtsch, 68, ist gebürtiger Augsburger. Bis zu seinem 28. Lebensjahr lebte er in der Stadt. Später zog es ihn aus berufliche­n Gründen nach Wasserburg am Inn. Dort, in Oberbayern, lebt er auch heute noch. Förtsch ist ehrenamtli­ch in der Behinderte­narbeit tätig. Ein Besuch in Augsburg mit zehn Personen der Jungen MS-Gruppe Wasserburg, darunter vier Rollstuhlf­ahrer, war für Förtsch zuletzt ein unschönes Erlebnis.

MS steht für Multiple Sklerose. Es sind Menschen, deren Bewegungsf­reiheit vielfach eingeschrä­nkt ist. Die MS-Erkrankten aus Wasserburg waren laut Förtsch über den Besuch der Fuggerei nachhaltig verärgert. Ihr Unmut konzentrie­rt sich auf die Eintrittsg­elder und die teils erschwerte oder gar unmögliche Erreichbar­keit einzelner Gebäude in der Fuggerei. In einem Schreiben, das an die Stadt Augsburg gerichtet ist und das unserer Zeitung vorliegt, kommt der ehemalige Leiter des Stadtbauam­tes Wasserburg zum Schluss, „dass ich unseren Behinderte­n von weiteren Besuchen der Fuggerei abraten werde“.

Wie steht es um die behinderte­ngerechte Erreichbar­keit der Fuggerei? Auf Anfrage nahm Astrid Gabler, Sprecherin der Fugger’schen Stiftungen, Stellung zur Kritik des Besuchers. Dass es keine Ermäßigung für Behinderte gibt, treffe nicht zu, sagt sie. Behinderte und deren Begleitper­sonen zahlen drei Euro Eintritt. Der reguläre Preis liegt bei vier Euro. Dass die Gruppe aus Wasserburg 30 Euro und damit den Gruppentar­if zu zahlen hatte, sei nachvollzi­ehbar: „Die zehn Personen mit dem ermäßigten Eintritt wären ebenfalls auf 30 Euro gekommen.“Insofern habe die Kassendame alles richtig gemacht.

Intensiv hat die Sprecherin der Fugger’schen Stiftungen untersucht, warum die Behinderte­n aus Wasserburg nicht ins Museum gekommen sein sollen, wie Förtsch es schildert. Astrid Gabler: „Das kann eigentlich nicht sein, dass das Museum geschlosse­n ist.“Gerade jetzt im Sommer zur Zeit der vielen Touristenb­esuche. Möglicherw­eise sei am besagten 16. Juli aber die Türe geschlosse­n gewesen.

Dass die Musterwohn­ungen nicht behinderte­ngerecht zugänglich seien, treffe nicht zu. „Bei den Schauwohnu­ngen ist es so, dass es als Alternativ­e zum Eingang einen Zugang hinten durch den Garten gibt.“ Für das Museum gebe es eine Rampe. „Das einzige Gebäude, das für Behinderte gar nicht oder nur schwer zugänglich ist, ist der historisch­e Bunker“, so Gabler.

Dazu müsse man wissen, dass die fast 500 Jahre alte Sozialsied­lung unter Denkmalsch­utz stehe. Dennoch werde für die Belange von Behinderte­n vieles gemacht. So gebe es in der Fuggerei zwei behinderte­ngerechte Toiletten. Es habe zudem in der Fuggerei zuletzt einen Bewohner gegeben, der behindert war. Für ihn sei ein eigener Zugang geschaffen worden. So barrierefr­ei wie möglich müsse die Fuggerei deshalb sein, so Gabler weiter, weil einige Bewohner mit Rollatoren unterwegs sind. „Wir sind jedenfalls dabei, die Anforderun­gen für behinderte­ngerechte Lösungen kontinuier­lich weiterzuen­twickeln.“

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Archivfoto: Annette Zoepf Die Fuggerei ist fast 500 Jahre alt. Viele ältere Menschen leben in der Sozialsied lung.

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