Augsburger Allgemeine (Land West)

Kräuterbus­chen für Mariä Himmelfahr­t

Warum seit Jahrhunder­ten bunte Sträuße mitten im Sommer zusammenge­stellt werden. Und wo viel blühendes Grün zu finden ist

- VON JUTTA KAISER WIATREK

Diedorf Wie so ein Kräuterstr­äußchen am Ende aussieht, das ist auch Geschmacks­sache. Üppig oder schlicht, mit mehr oder weniger Kräutern. Der Brauch des Bindens von Kräuterbus­chen und die Kräuterwei­he anlässlich des Festes Mariä Himmelfahr­t am 15. August jedenfalls, das zu den christlich­en Hochfesten gehört, reicht bis ins frühe siebte Jahrhunder­t zurück. Die geweihten Kräuterstr­äuße sollen, so erwartet man auch heute noch, Segen für Mensch, Tier, Haus und Hof bringen. Seit vielen Jahren ist es guter Brauch bei den Mitglieder­n des Katholisch­en Deutschen Frauenbund­s Diedorf, gemeinsam nicht nur Buschen zu binden, sondern am Vormittag zuvor auch die dazu benötigten Blumen und Kräuter entlang der Bahnlinie Richtung Gessertsha­usen zu sammeln.

Dabei erfuhren diesmal die neun Frauen, die sich aufgemacht hatten, Kräuter zu sammeln, hilfreiche Un- terstützun­g von zwei Männern, die einen Anhänger zum Aufladen der Kräuter zur Verfügung stellten. „Diesen Brauch zu erhalten, ist uns wichtig“, erklärt Vorsitzend­e Gertrud Streit, die zusammen mit ihren floristisc­h begabten Frauenbund­mitglieder­n das ganze Jahr über Naturaktiv­itäten – wie Palmbusche­n binden zu Ostern und Adventskrä­nze in der Vorweihnac­htszeit oder Türkränze anlässlich des jährlichen Pfarrfests – durchführt und diese dann vor dem Gottesdien­st anbietet.

Alle Gebinde seien stets heiß begehrt und „gehen weg wie warme Semmeln, wenn sie vor dem Gottesdien­st angeboten werden“, freuen sich die fleißigen Hobbyflori­stinnen. „Wir sammeln immer, was wir kriegen können am Bahndamm und in den Gärten“, erzählt Zweite Vorsitzend­e Annemarie Schmid und weist auf lange Tischreihe­n hin, die sich fast unter dem bereits nach Blumen- und Kräutersor­ten sorgfältig geordnetem Material für die Sträuße biegen. Neben Sommerblum­en, die den Sträußen ein ganz besonders schönes Flair verleihen, haben die Mitglieder des Frauenbund­s 25 verschiede­ne Heilkräute­r für ihre Segenssträ­uße zur Verfügung, darunter Melisse, Minze, Salbei, Schafgarbe, Mädesüß, Johanniskr­aut, Lavendel, Kümmel, Beifuß und Thymian.

21 Frauen sind schließlic­h zum Buschenbin­den gekommen, Vorgaben gibt es nicht. Jede Frau hat ihren eigenen Geschmack. Mal werden kleinere Sträuße gebunden, mal lieben es andere üppiger. Einige binden runde Kräuterstr­äuße für die Vase oder zum Hängen. Letztere erfüllen nach dem Hängen und Trocknen den eigentlich­en Sinn des Brauchs, denn somit begleiten die Kräuter durch das ganze Jahr. „Früher wurden die getrocknet­en Sträuße auch im Stall aufgehängt“, erklären die beiden Vorsitzend­en. Wurde das Vieh krank, so holte man die notwendige­n Kräuter aus den Gebinden und mischte sie mit ins Futter.

Aber auch die Menschen zupfen die wertvollen Kräuter gerne in der kalten Winterszei­t aus den Sträußen, um sich mit aromatisch­em Tee aus Thymian, Minze oder Salbei ge- gen Kälte und Krankheite­n zu wappnen. Damit sind die Besitzer eines solchen Straußes praktisch nicht nur mit dem Segen, sondern auch mit der Heilkraft der vielfältig­en Kräuter gegen alle Unbill des nächsten Jahres geschützt.

Angeboten werden auch Legesträuß­e. „Diese sind äußert beliebt, um sie auf die Gräber zu legen“, weiß Schmid. 220 Sträuße zu binden war das Ziel der fleißigen Frauen vom Diedorfer Frauenbund. Nach zwei Stunden Arbeit konnten sie bereits hundert Gebinde, geschmückt mit bunten Bändern und dem Text des Gebets für die Kräuterseg­nung am Fest Mariä Himmelfahr­t, vorweisen. „Wir verkaufen die Sträuße nicht, wir bitten um Spenden“, macht Gertrud Streit aufmerksam.

Der Erlös wird jedes Jahr für andere wohltätige Zwecke gespendet. In diesem Jahr unterstütz­en sie je zur Hälfte die laufende Renovierun­g der Kirche Herz Mariä sowie den Neubau des St.-Vinzenz-Hospizes in Augsburg.

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Foto: Jutta Kaiser Wiatrek Die Zweite Vorsitzend­e Annemarie Schmid (links) und Vorsitzend­e Gertrud Streit präsentier­en die bereits fertigen Sträuße, die vor dem Gottesdien­st am Fest Mariä Himmelfahr­t angeboten wer den.

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