Augsburger Allgemeine (Land West)
Mysterium Melania
Für die einen ist die 48-Jährige eine Helferin ihres Ehemanne, des US-Präsidenten Donald Trump, die anderen sehen in ihr eine Kritikerin. Die First Lady der USA gibt mit ihrem Verhalten in jüngster Zeit Rätsel auf
Washington Die Rednerin schaute ein bisschen angestrengt auf den Teleprompter, und ihr amerikanisches Englisch hatte einen hörbaren Akzent. Aber an klaren Worten mangelte es in ihrem Grußwort nicht. Die sozialen Medien seien Teil des Alltagslebens, „sie können viele positive Effekte haben. Aber sie können auch verletzend und zerstörerisch sein, wenn sie falsch genutzt werden“, mahnte Melania Trump am Montag bei einer Konferenz in Maryland vor den Gefahren des Online-Mobbings für Kinder.
„Die meisten Kinder sind sich der Vorteile und Fallstricke der sozialen Medien eher bewusst als einige Erwachsene“, erklärte die First Lady, ohne eine Miene zu verziehen. Es war, als hätte sie über ihren Mann gesprochen. Denn kurz bevor Melania am Morgen das Weiße Haus für ihren Auftritt verließ, hatte Donald Trump in einer Twitter-Tirade über den „blamierten und diskreditierten“Sonderermittler Robert Mueller gewettert und dessen Untersuchung als „nationale Schande“bezeichnet. Kaum hatte seine Frau das Podium verlassen, beleidigte Trump den Ex-Geheimdienstchef John Brennan als „schlechtesten CIA-Direktor aller Zeiten“.
Das war noch freundlich: Seine Ex-Mitarbeiterin Omarosa Manigault Newman nennt Trump bei Twitter neuerdings „verrückten Abschaum“oder „Hündin“. Es dauerte daher nicht lange, bis Melanias Sonntagsrede eine Empörungswelle im Netz auslöste. Es gebe einen einfachen Trick, das OnlineMobbing drastisch zu reduzieren, kommentierte ein Kolumnist der
Sie müsse nur dazu aufrufen, den Twitter-Account ihres Ehemanns zu schließen.
So geht das immer, wenn Melania Trump in der Öffentlichkeit erscheint. Lange hatte das Ex-Model kaum Profil gezeigt. Im Mai nun hat sie ihre Initiative „Be Best“(Sei der Beste) gestartet, die sich um die Gesundheit, die Mediennutzung und Drogenmissbrauch von Kindern kümmern soll. Doch gerade mal drei Termine hat sie seither dafür absolviert. Und immer steht ihr gleichermaßen dominierender wie polarisierender Ehemann als unsichtbarer Elefant im Raum. „Die First Lady ist sich der Kritik bewusst. Aber das wird sie nicht davon abhalten, das zu tun, was sie für richtig hält“, erklärte ihre Sprecherin Stephanie Grisham. Es klingt fast trotzig.
Tatsächlich kann man oft nur erraten, was die 48-Jährige für richtig hält. Dass bei der Tagung über Internet-Mobbing der Ober-Troll im Weißen Haus mit keinem Wort erwähnt wurde, ist zumindest bemerkenswert. Im Juni reiste Melania Trump an die mexikanische Grenze, wo ihr Mann die Familien von illegalen Einwanderern auseinanderreißen lässt. „I Really Don’t Care, Do U?“(Mir ist das wirklich egal, und Dir?) stand auf dem Rücken ihrer Jacke. Zwar fiel ein Tweet der First Lady zugunsten des von ihrem Mann bepöbelten schwarzen Basketball-Stars LeBron James weniger kryptisch aus. Aber ein paar Tage später posierte Melania wieder lächelnd neben ihrem Gatten.
Entsprechend kontrovers wird die Rolle der First Lady in den USA diskutiert: Für die einen ist das ExModel aus Slowenien eine Mitläuferin, die sich in ihrem goldenen Käfig eingerichtet hat und dem polternden Autokraten im Weißen Haus ein hübsches Gesicht ausleiht. Die anderen wollen in ihrem Verhalten ein leises Aufbegehren erkennen und glauben, dass Melania nur wegen des gemeinsamen Sohnes Barron die Scheidung hinausschiebt.
Besonders herzlich geht es laut einem Insiderbericht der
nach 13 Jahren skandalgeplagter Ehe bei den Trumps jedenfalls nicht mehr zu. Die Affären des Milliardärs sollen seine Frau sehr verärgert haben. Umgekehrt hat er angeblich ihre modernen Möbel gegen pompöses Inventar im Stil des Sonnenkönigs Ludwig XIV. austauschen lassen. Ein gemeinsames Schlafzimmer gibt es schon lange nicht mehr, und auch bei Staatsbesuchen
Auch bei Staatsbesuchen gibt es getrennte Suiten
werden für das Präsidentenpaar zwei getrennte Suiten gebucht.
Demnächst nun will Melania Trump alleine auf Reisen gehen. Noch in diesem Jahr wolle sie Afrika besuchen, erklärte die First Lady. Dass sie „die reiche Kultur und Geschichte“jener Staaten studieren will, die ihr Mann als „DreckslochLänder“bezeichnet hat, mag man revolutionär oder zynisch finden.
Besonders ausgereift scheint das Projekt der Reise aber noch nicht. Dafür kommen die Vorbereitungen für ein anderes Ereignis zum Jahresende gut voran. „Die Planungen für Weihnachten im Weißen Haus laufen“, twitterte die First Lady kürzlich zusammen mit einem Foto, auf dem sie sich in einem roten Designer-Kleid über Entwürfe für Christbaumschmuck beugt: „Ich hoffe, allen wird unsere FesttagsDekoration für das Weiße Haus gefallen.“