Augsburger Allgemeine (Land West)
„An so etwas kann man zugrunde gehen“
Auf der Augsburger Straße in Gersthofen geht im Moment nichts. Die Fahrbahn wird saniert. Unter der wiederholten Sperrung leiden vor allem die Unternehmen
Gersthofen Ludwig Schmidt steht vor seinem kleinen Friseursalon am Kreisverkehr in der Augsburger Straße und beobachtet die Lastwagen, die gerade Richtung Autobahnunterführung rangieren und dabei einigen Staub aufwirbeln. „Es geht nichts voran“, stellt er resigniert fest. „Ich mache meinen Salon jetzt zu, es kommt doch sowieso niemand mehr“, sagt er. Seine Mitarbeiterinnen hat Schmidt schon entlassen müssen, seinen Friseursalon will er komplett aufgeben.
Die Baustellen macht er mitverantwortlich. „Das geht jetzt schon lange so, ich kann mir das hier nicht mehr leisten“, erklärt der Rentner. Schon während den Kanalarbeiten an der Augsburger Straße im vorigen Jahr sei niemand mehr zu ihm zum Haareschneiden gekommen, jetzt gibt er nach insgesamt 60 Jahren auf. „Es kann zwar sein, dass sich heute noch einer hierher verirrt, aber es hat einfach keinen Wert mehr“, so Schmidt.
Schon im vergangenen Sommer wurde an der Augsburger Straße viel gebaut. Die Wasserleitungen entlang der Straße mussten erneuert werden. Bei den aktuellen Bauarbeiten geht es um die Sanierung der Fahrbahnoberfläche. Die Stadtverwaltung bezeichnet diese als „finalen Schritt“. Die Sperrung an der Augsburger Straße soll voraussichtlich noch bis Ende August bestehen bleiben. Allerdings merkt die Stadtverwaltung online an: „Es handelt sich hier um voraussichtliche Daten, die aufgrund von Witterung oder baustellenbedingten Faktoren beeinflusst werden können.“
So wie Ludwig Schmidt geht es im Moment vielen Unternehmern entlang der Augsburger Straße. Auch Julian Zech, der Pächter der RAN-Tankstelle, klagt über die Baustelle. „Wir bekommen das heftig zu spüren“, sagt er. Insgesamt habe er zwischen 30 und 40 Prozent Rückgang. „Wir sind kaum mehr anfahrbar, die Umleitung nimmt niemand gerne in Kauf“, erklärt er, während auf dem Gelände seiner Tankstelle nur vereinzelt Autos ankommen. Sein Geschäft sei abhängig von der Kundenfrequenz. Durch die Baustelle gehe einiges kaputt, „an so etwas kann man zugrunde gehen“, sagt Zech.
Es ärgert ihn, dass die Augsbur- ger Straße zweimal innerhalb eines Jahres gesperrt werden muss, viel Verständnis kann er dafür nicht aufbringen. „Außerdem bekommt man nicht mit, wie es vorangeht“, sagt der Tankstellenpächter. Seine Kunden seien der gleichen Meinung und würden ihn immer wieder auf die Baustelle ansprechen.
Nur etwas weiter Richtung Gersthofer Zentrum gibt es einen weiteren Friseursalon. Die Neueröffnungsschilder kleben noch an den Schaufenstern, aber drinnen ist nichts los. Fatma Koruyocu vom Friseur Femmas erklärt, dass sie und ihre Kollegen den Salon erst im Juni eröffnet hätten. Dass ihnen jetzt die Laufkundschaft fehlt, ist für den Salon in der Anfangszeit ein großes Problem: „Wir haben ja noch keine Stammkunden.“Von der Stadt Gersthofen würden sie sich eine Art Unterstützung wünschen, die den Umsatzausfall kompensiert.
Auch Inge Gulden von Schreibwaren Nettel bekommt die Baustelle entlang der Augsburger Straße zu spüren. „Es sind nur noch wenige Autos unterwegs, es ist tote Hose“, sagt sie. Es sei egal, von welcher Seite die Augsburger Straße gesperrt ist, viele würden sich nicht auskennen, und die Umleitung findet sie geplant und schlecht ausgeschildert. „Die Kunden wollen gerne vor den Laden fahren“, sagt Gulden. Baustellenplaner und Stadtrat hätten sich mehr Gedanken über die betroffenen Geschäfte machen sollen, findet Inge Gulden. Die Zeit vor Schulbeginn sei für den Schreibwarenladen „wie Weihnachtsgeschäft“, sagt sie. „Die Baustelle fällt genau in die Zeit, in der man Hefte und Schulbücher kauft“, erklärt Gulden. Auch die Tatsache, dass die Straße im vorigen Jahr um die gleiche Zeit gesperrt war, schade dem Laden. „Das wäre besser gegangen“, sagt sie. Gulden und ihre Kollegen hoffen jetzt, dass es nicht so heftig wird, wie sie befürchten. Daran, dass sich die Sperrung bis Ende August erledigt hat, glaubt sie sowieso nicht. Gute Nachrichten hat Otto Fendt für die Anwohner an der Johann-Strauß- und der Kirchstraße, die aktuell auch noch gesperrt sind. Seine Familie führt das Bauunternehmen, das in beiden Straßen gerade neue Wasseranschlüsse ver„unglücklich“ legt. Während er sich die Baustelle an der Johann-Strauß-Straße anschaut, erklärt er: „Hier sollten wir bis spätestens Freitag fertig sein.“Dann würde auch die Sperrung aufgehoben. Beschwerden von den Anwohnern habe es keine gegeben, erklärt er. „Das war ja alles abgesprochen“, sagt er. In der Kirchstraße fehle derweil nur noch die oberste Schicht des Straßenbelags. Fendt schätzt, dass die Bauarbeiten hier schon am Mittwoch abgeschlossen sind.