Augsburger Allgemeine (Land West)
Er weiß, was Patienten wollen
Der Augsburger Marketing-Experte Gerhard Riegl hat mit seinen Methoden vielen Ärzten auf die Sprünge geholfen. Dazu muss man nicht Mediziner sein
Sein Ruf als Patientenforscher spricht sich herum. Auch in China und Südamerika scheint die Expertise des Augsburger Betriebswirtschaftprofessors Gerhard Riegl gefragt. Die Frage lautet stets: Was können Ärzte in ihrer Praxis besser machen – zum Wohle aller?
Der Nicht-Mediziner berät mit seinem kleinen Institut in Augsburg deutschland- und europaweit Ärzte. Seine „Mitarbeiter“sind die gut informierten und aktiv mitwirkenden Patienten, die am besten spüren, wo es klemmt. Deren Wissen ist in mittlerweile einer Million Fragebögen gespeichert und praxisnah ausgewertet. Riegl nennt so etwas einen basisdemokratischen Prozess, weil Patienten etwas verändern können.
Medizin und Ökonomie, Praxismanagement und Marketing fließen da ineinander. Denn die Fragebögen dienen auch dazu, dem Patienten beim Ausfüllen das eine oder andere im Verhältnis zu seinem Doktor bewusster zu machen und selbst aktiv eine Überzeugung für das zu gewinnen, was ihm der Arzt vorschlägt.
Der Professor im Unruhestand (Jahrgang 1949) mit viel ärztlichem Wissen will keine Ökonomisierung in den Praxen. Die Ärzte sollten weiter ihrem Ethos folgen, wozu Großzügigkeit, Barmherzigkeit und Liebenswürdigkeit gehören und ein Verständnis für den Menschen im Ganzen. Aber, so fügt er hinzu, Selbstausbeutung gehört nicht dazu. Also müsse ihnen geholfen werden, sich so zu präsentieren, dass sie auch wirtschaftlich erfolgreich sind.
Sein Buch „Marketing für die Arztpraxis“haben zunächst insbesondere Zahnärzte gekauft, obwohl sie nicht zu den Adressaten gehörten. Heute berät Riegl, Autor von 350 Fachpublikationen, mit seinen Erkenntnissen über die medizinische Versorgung ebenso Kliniken und Apotheken. Er genießt hohes Ansehen in der Branche. Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller überreicht ihm heute den Selbstmedikationspreis für seine patientenorientierten Verdienste. Bekannte Vorgänger: Marianne Koch, Antje-Katrin Kühnemann und zuletzt die Apotheken-Umschau.
An der Hochschule Augsburg, an der er jahrzehntelang lehrte, gibt er noch Vorlesungen zum Thema Körpersprache und zu Online-Marketing/Digitalisierung. Das zwingt den Jogger – täglich 30 Minuten – angesichts der rasanten Entwicklung, stetig über die Zukunft nachzudenken.
Zum Marketing für Ärzte kam der verheiratete Vater eines Sohnes zufällig. Im Studium wollte er eine Diplomarbeit über Sparkassen schreiben. Aber ein Kommilitone war schneller. Dann stellte er fest, dass sich der Ärztestand scheinbar keine Gedanken machte, wie er sich besser verkaufen könnte. Jedenfalls fand Riegl in der Fachliteratur nichts Entsprechendes. Dabei gab es durchaus sehr prominente ärztliche Vorbilder, die sich zu vermarkten wussten: Ferdinand Sauerbruch oder Albert Schweitzer. Deren Erfolgsgeheimnis war wohl den wenigsten bewusst. Riegl hatte sein Lebensthema. Joachim Bomhard Vor fast 20 Jahren habe ich die Irseer Gedenkstätte am Rande eines Seminars besucht, und noch heute ist mir genau dieses Triptychon präsent: Die Drastik dieses Werkes in Kombination mit der Kälte des Raumes ist über all die Jahre hängen geblieben. Und nun sollen diese Bilder entfernt werden? Gelingt mit ihnen doch genau das, was eine Gedenkstätte zum Ziel haben sollte: Ein Spürbarmachen des Unsäglichen, welches den Menschen in jenen Zeiten und an Orten wie diesen widerfahren ist! Ist es da nicht völlig irrelevant, ob dieses Kind nun genau hier gequält worden ist oder ein paar Kilometer entfernt? Und wenn diese Fotos irgendeinen Sinn haben könnten, dann doch diesen einen, andere Menschen zu berühren. Hier und heute, um zu verhindern, dass Ähnliches jemals wieder passieren kann. Christine Koslitz, Memmingen