Augsburger Allgemeine (Land West)
Happy Birthday, Straßenbahn!
Seit 120 Jahren fahren die Trambahnen mit Strom durch die Stadt. Am Sonntag werden alte und neue Modelle in der Maxstraße ausgestellt. Die älteste ist auch dabei
Es gab zwar auch schon vor 1898 Straßenbahnen. Die wurden aber nur von Pferden gezogen. Sieben Jahre später, im Juli 1898, fuhr dann die erste strombetriebene Bahn – mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Anfangs konnten 28 Reisende mitfahren, 14 davon im Sitzen. Erst 1902 wurden die Plattformen verglast. Zu Beginn brachten die Augsburger Straßenbahnen 5,4 Millionen Fahrgäste im Jahr an ihr Ziel. Heute sind es 43 Millionen Beförderungen. Auf diese 120-jährige Geschichte der elektrischen Straßenbahn blicken die Stadtwerke am Sonntag mit einer ungewöhnlichen Oldtimer-Ausstellung zurück.
Erst starten um 10.15 Uhr die Autos in der Maximilianstraße in die Oldtimer-Rallye Fuggerstadt Classic. Dann wird gewechselt: „Wenn die Oldtimer wegfahren, kommen die anderen Oldtimer“, sagt Stadtwerkechef Walter Casazza. Er freut sich auf die erste Straßenbahnparade der Stadt. Zehn Schienenfahrzeuge werden von 12 bis 15 Uhr auf der Maximilianstraße ausgestellt – bis die automobilen Klassiker zurückkommen. „Vielen Augsburgern wird garantiert warm ums Herz bei diesem Anblick, weil sie Kindheitserinnerungen mit den Fahrzeugen verbinden“, ist Casazza sicher. Neben vier noch aktiven Bahnen sind die Stadtwerke stolz auf die sechs ausgestellten Oldtimer auf Schienen. Einige davon wurden eigens für den Termin von der Straßenbahnwerkstatt instandgesetzt. Das älteste Fahrzeug ist der Triebwagen 14 aus dem Jahr 1898. Erstaunlich: Schon recht früh in der Geschichte der Straßenbahn war das Thema Energierückgewinnung präsent: Die Bremsenergie wurde im Winter in Wärme für die Heizung umgesetzt. „Die eigene Unternehmens-Chronologie mit Originalfahrzeugen zeigen, das könnten nicht viele Städte“, sagt Walter Casazza. Die Vergangenheit sei den Stadtwerken wichtig. Herbert Waßner, der Vorsitzende des Vereins Freunde der Augsburger Straßenbahn, glaubt: „Ohne unseren Verein wären die Fahrzeuge nicht mehr da. Denn vor Herrn Casazza hat man das nicht so gesehen.“
bedrohten Art wurden Straßenbahnen vor allem in den 70er Jahren. Denn während der Trend heute dazu geht, Autos aus den Innenstädten zu verbannen, forderte der damalige Zeitgeist das Gegenteil: Die autogerechte Stadt war das mobile Leitbild. Das Engagement, mit dem man sich bei den Stadtwerken um die Sanierung und den Erhalt der historischen Zeitzeugen hat nicht nur nostalgische Gründe. „Wir lernen aus der Vergangenheit und spannen eine Brücke zur Moderne“, erklärt Klaus Röder von den Stadtwerken. Mit ihrem im Vergleich zu Auto und Bus geringeren Rollwiderstand sei die Straßenbahn auch heute noch das Fortbewegungsmittel mit der höchsten Energieeffizienz. „Das sind absolut zukunftsfähige ElektroZur mobile“, so Röder. Die Technik der Straßenbahn sei noch lange nicht ausgereizt. Neue Fahrassistenzsysteme sollen die Straßenbahnen noch sicherer machen und sich beispielsweise automatisch auf dem Betriebshof einfinden.
Apropos Straßenbahnbetriebshof: Dort lagern die museumsreifen Ausstellungsstücke, welche die Augsburger am Sonntag ausnahmskümmert, weise bewundern dürfen, üblicherweise. Zwischen den Zeilen allerdings verrät Walter Casazza, dass sich daran etwas ändern könnte: „Das Konzept des Bahnparks als Modell auch für die alten Straßenbahnen wäre eine Überlegung wert“, findet der Stadtwerke-Geschäftsführer. „Wenn das Fest am Sonntag gut angenommen wird, gibt uns das Rückenwind.“