Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn das Haus größer, die Mauer höher wird

Gemeindera­t In Bonstetten handeln Häuslebaue­r oft eigenmächt­ig – finden ihre Vertreter im Rat. Das gibt jetzt Ärger

- VON GÜNTER STAUCH

Bonstetten Die attraktive Holzwinkel­gemeinde zieht große wie kleine Leute an, worauf die seit Monaten anhaltende­n Beratungen der Bürgervert­reter zum neuen Baugebiet „Steinhalde“und die Kindergart­enerweiter­ung hindeuten. Dass die regen Bauaktivit­äten auch Probleme mit sich bringen können, bewies die jüngste Sitzung des Gemeindera­ts unter der Leitung von Bürgermeis­ter Anton Gleich. Während wegen der dringend anstehende­n Kitavergrö­ßerung noch weitgehend­e Einigkeit im Rathaus herrschte, führten Sonderwüns­che von Grundstück­seignern am frischen Bauplatz im Westen zu einer kontrovers­en Debatte.

Aber nicht nur wegen der mit 48 Parzellen dastehende­n „Steinhalde“kam es am Sitzungsti­sch zum Streit. Wieder einmal ging es nämlich auch um den „Mauerbau“eines Hausbesitz­ers an anderer Stelle. Ein zwei Meter hoher Gartenwall in Richtung Straße ärgerte manches Ratsmitgli­ed so sehr, dass sich darüber sogar eine Grundsatzd­ebatte entzündete. Der Hintergrun­d: Vor ein paar Jahren hatte der massive Anbau eines prominente­n Bundesliga­Trainers die Gemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt und die Hüter der Bauvorschr­iften mächtig geärgert. So sehr, dass ein Teil wieder rückgängig gemacht werden musste (wie berichtet). „Wir brauchen in unserem Ort keine Mauer“, warf der Grüne Leo Kränzle in die sich immer mehr steigernde Diskussion ein. Wolfgang Bschorr von der CSU wollte bei seinen Vorwürfen kaum ein Ende finden, weil nun wiederum offensicht­lich Fakten ohne Zutun des Bürgerparl­aments geschaffen wurden. „Erst machen und dann fragen, das geht einfach nicht“, fand er Zustimmung auch bei vielen andren Kollegen.

Dass auch eine „abgespeckt­e“Variante in Höhe von 1,20 Metern brüsk abgeschmet­tert wurde, konnte selbst Zweiter Bürgermeis­ter Bernd Adam (CSU) mit seiner Schlichtun­gsoffensiv­e kaum verhindern: „Wir müssen gewiss das Allgemeini­nteresse schützen, aber auch an die individuel­len Bedürfniss­e der Häuslebaue­r denken.“Jeder, so der erfahrene Rechtsanwa­lt, solle mal in sich gehen und sich die Tage des eigenen Bauvorhabe­ns in Erinnerung rufen. Ans Gewissen aller appelliert­e dagegen eine sehr aufgebrach­te Petra Zinnert-Fassl von den Freien Wählern. Sie wollte, dass alle Versuche, von „unserem einmal verabschie­deten Bebauungsp­lan mit konkreten Vorgaben“abzuweiche­n, zurückgepf­iffen wurden. Stein ihres Anstoßes war wiederum die „Steinhalde“, bei der sich ein halbes Dutzend Grundstück­seigner eben solche „Hintergeda­nken“gemacht haben mussten. Sie bemängelte­n Ungerechti­gkeiten bei der Festlegung der Grundfläch­enzahl, im Baurecht nur kurz als GRZ bezeichnet. Die Ziffer stellt das Verhältnis zwischen Gebäude- und Grundstück­sgröße dar und gilt als Maß der baulichen Nutzung. „Ich finde es einfach nur absurd, Grund in einem Gebiet zu erwerben und dann die Forderung ,größer und höher‘ zu stellen – damit werden alle unseren Planungen über den Haufen geworfen.“Auch wollte die sichtlich verärgerte Lehrerin nichts von den Bemühungen von Bürgermeis­ter Gleich wissen, im neuen Baugebiet in Sachen GRZ über gleiche Verhältnis­se auch nur nachzudenk­en. „Ich gebe damit nur den Wunsch der Bauherren wieder“, begründete der Rathausche­f sein Vorgehen, das mit einer Mehrheit belohnt wurde. Es wird nachgedach­t.

Ein anderes Bauvorhabe­n konnte dagegen gar nicht groß genug ausfallen: der neue Kindergart­en. Wegen der heftigen Grundsatzd­ebatte ums Bauen rutschte das von Architekt Alfred Poppe sehr informativ vorgestell­te Erweiterun­gsprojekt um zwei Kindergrup­pen beinahe in den Schatten. Dabei präsentier­te der Fachmann aus Gersthofen ein helles, formschön gestaltete­s Gebäude mit Flachdach, das – im Westen stehend – mit seinen lichtdurch­fluteten Räumen gen Süden auch funktionel­l bis ins kleinste Detail durchdacht daherkommt. Der waldreiche­n Umgebung Bonstetten­s entspreche­nd wurde der Anbau mit reichlich Holz ausgestatt­et. Dort wechseln sich Spiel- und Ruhefläche­n immer wieder ab. Ein großzügige­r Eingangsbe­reich besticht durch seine großen Dachlichte­lemente mit kuppelförm­igem Sonnenschu­tzglas. „Ein großartige­r Plan“, bewertete der Bürgermeis­ter das ansprechen­de Konzept, das einstimmig in Richtung Landratsam­t zur Begutachtu­ng auf die Reise gebracht wurde. Die Kosten werden sich auf über eine Million Euro belaufen, die durch eine staatliche Förderung in Grenzen gehalten werden können.

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