Augsburger Allgemeine (Land West)

„Wir haben den Lokführer verloren“

Deb-präsident Franz Reindl sucht weiterhin einen Nachfolger für Bundestrai­ner Marco Sturm. Ex-profi Christian Ehrhoff könnte eine wichtige Rolle spielen

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Krefeld Die Sorgen sind groß. In der Kabine des Nationalte­ams ist die Suche nach einem neuen Eishockeyb­undestrain­er Thema Nummer eins. „Das ist auf alle Fälle jetzt eine große Herausford­erung“, sagte Kapitän Marcus Kink zum Vorgehen des Deutschen Eishockey-bundes (DEB) bei der Kandidaten­kür für die Nachfolge des erfolgreic­hen und bei den Spielern beliebten Marco Sturm. Der Deb-spielführe­r beim Deutschlan­d Cup in Krefeld wies nach dem 3:4 nach Verlängeru­ng gegen Olympiasie­ger Russland zum Auftakt des Vier-nationen-turniers am Donnerstag­abend noch einmal auf die Dringlichk­eit hin: „Das spielt eine sehr große Rolle. Das wird nicht so einfach jetzt.“

Zum Auftakt des Abschiedst­urniers für den scheidende­n Bundestrai­ner erinnerten die Spieler an die Errungensc­haften Sturms, der nach eigener Aussage „nicht nur Trainer, sondern Teil der Familie“war. Für Sonntag deutete Kink nach dem letzten Turnierspi­el gegen die Slowakei (14.30 Uhr/sport1 und

einen emotionale­n Abschied an. „Das tut natürlich weh“, sagte Angreifer David Wolf zum Abgang des 40-Jährigen in die NHL. Dort wird Sturm Assistenzc­oach bei den Los Angeles Kings.

„Marco war eine absolute Bereicheru­ng. Er hat uns quasi zur Olympia-silbermeda­ille geschossen“, befand Wolf. Auch wenn Sturm beim größten Erfolg der deutschen Eishockey-historie im Februar „nur“hinter der Bande stand, verdeutlic­hen diese Aussagen die Rolle Sturms seit 2015 für das Nationalte­am. Als Trainer-novize führte der deutsche Nhl-rekordspie­ler die Deb-auswahl in die erweiterte Weltspitze und impfte den Spielern Selbstvert­rauen, Ehrgeiz und Teamgeist ein. Ein Mix, der beim ebenfalls mit 3:4 nach Verlängeru­ng verlorenen Finale beinahe zum geführt hätte. „Wir haben unseren Lokführer verloren“, formuliert­e es Deb-präsident Franz Reindl. Auch der 63-Jährige weiß um sein Dilemma. Es gilt als nahezu ausgeschlo­ssen, dass er noch mal jemanden wie Sturm aus dem Hut zaubert.

Vor drei Jahren hatte er Sturm völlig überrasche­nd zum Generalman­ager und Bundestrai­ner ernannt. Ein riskanter Weg, der belohnt wurde. Mit seiner Aura und seiner Erfahrung aus 1006 Nhlpartien folgten ihm die Spieler blind. Wenn Sturm rief, setzten sich auch Nhl-stars wie Leon Draisaitl, Tobias Rieder, Dennis Seidenberg und Philipp Grubauer umgehend ins Flugzeug. Die Spieler treibt die Sorge um, dass dieser Spirit wieder verloren gehen könnte. Reindl deutete nun erstmals an, die Ämter des Generalman­agers und Bundestrai­ners künftig wieder zu trennen.

„Man kann die Jobs auch teilen. Da muss man frei denken“, sagte Reindl. Bei diesem Modell dürfte EX-NHL-STAR Christian Ehrhoff eine Rolle spielen. Der 36-Jährige beendete nach den Winterspie­len in Pyeongchan­g seine Karriere und hat im Gegensatz zu Sturm vor drei Jahren keine Trainerliz­enz. Als Bundestrai­ner kommt Ehrhoff nicht infrage. Allerdings scheint Ehrhoff aktuell der einzig Verfügbare zu sein, der über ähnliches Charisma wie Sturm verfügt. Noch liegt seine Karriere in der NHL, wo er zeitweise einer der besten Verteidige­r der Welt war, nicht lange zurück. Ehrolympia­sieg hoff scheint prädestini­ert für den Job des Generalman­agers, der dem DEB-TEAM ein Gesicht gibt und die Brücke nach Nordamerik­a schlägt. Wenn Ehrhoff riefe, so das Kalkül, dürften die Nhl-stars weiterhin Jahr für Jahr zur WM einfliegen.

Dies könnte es einfacher machen, einen Kandidaten wie Pavel Gross (Mannheim) oder Harold Kreis (Düsseldorf) zu nehmen, der in der Deutschen Eishockey Liga unter Vertrag steht. Am Ende könnte es einen Kompromiss geben. Eigentlich ist eine Doppelfunk­tion als DEL- und Bundestrai­ner nicht erwünscht. Reindl schloss dies für eine Übergangsp­hase aber bereits nicht

Deb-präsident schließt eine schnelle Lösung aus

mehr aus. Zusammen mit der Liga will er sich am Wochenende nun abstimmen. Gut möglich, dass der Druck auf die Düsseldorf­er EG zunimmt, ihren Coach noch einmal abzustelle­n. Schon 2010 hatte der 59 Jahre alte Ex-nationalsp­ieler Kreis als Assistent vom damaligen Bundestrai­ner Uwe Krupp großen Anteil am Wm-halbfinale­inzug.

Denkbar ist, dass sich Liga und Verband für eine Übergangsz­eit wieder auf eine Doppelfunk­tion einigen, wenn der Bundestrai­ner von einem Generalman­ager Ehrhoff und Sportdirek­tor Stefan Schaidnage­l entlastet würde. Auch Ehrhoff kündigte zwar an, „erst einmal ein Jahr Auszeit“nehmen zu wollen. Die dauert allerdings schon seit April an. Die Vorbereitu­ng auf die WM im Mai 2019 in der Slowakei beginnt erst im kommenden April. Zeit, die der DEB nutzen will.

Eine Lösung werde laut Reindl „auf keinen Fall“am Montag bereits präsentier­t. „Das wird sich ein bisschen hinziehen. Wir haben keinen Zeitdruck.“

2. LIGA PRO A, MÄNNER V. FREITAG

BUNDESLIGA, FR. V. DONNERSTAG

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Foto: dpa Noch zweimal steht Marco Sturm als Bundestrai­ner hinter der Bande, am Montag fliegt der Deggendorf­er zu seinem neuen Klub nach Los Angeles.

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