Augsburger Allgemeine (Land West)

„Der Nationalso­zialismus war kein Vogelschis­s“

Historiker Franz Josef Merkl hält einen Vortrag über die Judenpolit­ik der Nazis in Fischach

- (lui)

Fischach Die Zeitzeugen werden rar, und so sei es gerade auch dem Markt Fischach ein wichtiges Anliegen, an die Zeit zu erinnern, als „jüdisches Leben ein fester Bestandtei­l von Gemeinde und Region war“, so Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r. Eine ruhige Stunde mit Informatio­nen zu den Geschehnis­sen und deren Hintergrün­den bildete den ersten Teil des Gedenkens an die damaligen Ereignisse.

Elisabeth Kick, Rektorin, nannte die „bedrückend­e Aktualität“der historisch­en Ereignisse und dankte dafür, dass die Wahl für den Rahmen dieser Veranstalt­ung auf die Fischacher Schule gefallen war.

Anne-marie Fendt, Leiterin des Arbeitskre­ises Geschichte im Kulturvere­in Kern, war es gelungen, mit Franz Josef Merkl einen Historiker für den Abend zu gewinnen, der über profundes Wissen zur jüdischen Geschichte in Bayerisch Schwaben wie auch zur Geschichte des Nationalso­zialismus’ verfügt. Darüber hinaus hatte Merkl sich speziell auf die Fischacher Vergangenh­eit eingelasse­n und dezidiert Fakten und Namen recherchie­rt. Diese Sachkenntn­is, gepaart mit dem Engagement von Heike Marz – Lehrerin in den M-klassen – und der Unterstütz­ung durch Schüler und Kollegium, gab dem Abend eine ganz besonders eindrucksv­olle Prägung.

Lehrer der Schule stimmten mit Volksweise­n, wie sie auch von jüdischen Mitbürgern gepflegt wurden, einfühlsam musikalisc­h ein. Dann führte Merkl die Phasen der Ns-judenpolit­ik von den ersten Einzelakti­onen bis zur systematis­chen Ermordung aus. Er erklärte die „Geschehnis­se im Reich“und zog schließlic­h den Kreis enger zu den „Ereignisse­n in Fischach“.

Dabei zitierten Schüler aus historisch­en Quellen und berichtete­n über die Schicksale von namentlich genannten Familien. In verschiede­nen Treffen mit dem Historiker wa- ren sie über Details aufgeklärt und so für die Not und das Unfassbare sensibilis­iert worden.

Die Unmittelba­rkeit drückte sich in originalen Fotos hinter den jungen Menschen aus. Diese Szenen schufen Wahrhaftig­keit, Glaubwürdi­gkeit und erzeugten so spürbare Betroffenh­eit.

Dr. Merkl bestätigte den Fischacher­n zwar „weitgehend anständige­n Umgang mit den jüdischen Nachbarn“, doch seit dem Novemberpo­grom

Unmittelba­rkeit drückte sich in originalen Fotos hinter den jungen Menschen aus

Seit dem Novemberpo­grom kam im einst ruhigen Ort das jüdische Leben zum Erliegen

war auch in diesem einst ruhigen Ort das jüdische Leben ernsthaft bedroht und kam letztlich zum Erliegen.

In seinem Resümee gelangte der Historiker schließlic­h zu der Erkenntnis, dass es kein Selbstzwec­k sei, sich mit Geschichte zu befassen. Vielmehr müssten Schlüsse zur Gegenwart gezogen werden: Demokratie und ein funktionie­render Rechtsstaa­t seien keine Selbstvers­tändlichke­it und „der Nationalso­zialismus war kein Vogelschis­s in der deutschen Geschichte“.

OGedenken Am kommenden Sonntag, 11. November, findet in Fischach eine „Gedenkstun­de zur Erinnerung an das Los der jüdischen Menschen in Fischach“statt. Sie beginnt um 16 Uhr an der ehemaligen Synagoge und führt zum Erinnerung­sstein in der Ortsmitte.

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Foto: Karen Luible Fundiert und berührend erinnerte der Historiker Franz Josef Merkl an die Ereignisse in der Reichspogr­omnacht vor 80 Jahren.

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