Augsburger Allgemeine (Land West)

Streit über Chlor geht in die nächste Runde

Das Trinkwasse­r in Dinkelsche­rben wird noch immer desinfizie­rt. Dabei ist die Gemeinde der Meinung, dass das nicht notwendig wäre. Das Gesundheit­samt sieht das anders. Nun gibt es eine neue Entwicklun­g

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Keime oder keine? Diese Frage beschäftig­t die Marktgemei­nde schon seit einer ganzen Weile. Denn nach wie vor wird das Leitungssy­stem von Dinkelsche­rben gechlort. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Chloranord­nung rechtswidr­ig ist, und klagt deshalb vor dem Verwaltung­sgericht. Nach Auskunft des Landratsam­tes soll noch so lange gechlort werden, bis eine sogenannte Risikoanal­yse vorliegt und geprüft wurde. In einem Schreiben des Bürgermeis­ters Edgar Kalb heißt es nun, dass diese Analyse bereits vorliege. Das Landratsam­t sieht das aber anders.

Im Mai fand das Staatliche Gesundheit­samt in einer Wasserprob­e aus einem der beiden Hochbehält­er der Oberschöne­berger Wassergrup­pe in Breitenbro­nn einen coliformen Erreger. Weil die Behörde noch weitere Mängel fand, wurde Anfang Juni eine Abkochanor­dnung für die beiden Wassergrup­pen Oberschöne­berg und Dinkelsche­rben herausgege­ben. Damals hieß es: Die Trinkwasse­rversorgun­g in beiden Dinkelsche­rber Netzen entspreche nicht den gesetzlich­en Vorgaben und sei hygienisch bedenklich. Eine Gesundheit­sgefährdun­g der Bevölkerun­g sei nicht auszuschli­eßen. Die Marktgemei­nde verwies auf eigene Proben, bei denen im Dinkelsche­rber Netz keine Keime gefunden wurden.

Als entscheide­nd für ein mögliches Ende der Chlorung gilt nun die Zustands- und Risikoanal­yse der Stadtwerke. Darin soll untersucht werden, ob die verschiede­nen Bereiche der Wasservers­orgung – also Gewinnung, Aufbereitu­ng, Speicherun­g und Verteilung – den jeweiligen gesetzlich­en und technische­n und hygienisch­en Anforderun­gen entspreche­n, welche Risiken und Gefährdung­en für die jeweilige Wasservers­orgung bestehen. Außerdem wird geprüft, mit welchen Maßnahmen die Risiken und Ge- fährdungen minimiert werden können.

In dem Schreiben des Bürgermeis­ters, das an die zuständige­n Behörden adressiert ist, spricht er von der „nunmehr vorliegend­en Risikoanal­yse Dinkelsche­rben“. Auf Nachfrage teilt das Landratsam­t allerdings mit, dass diese entscheide­nde Analyse nicht vorliege. Bislang seien vonseiten der Gemeinde nur

oder

ausgeräumt Auszüge daraus mündlich vorgetrage­n worden. Das, erklärt Kalb, sei bei einem Treffen im Dinkelsche­rber Rathaus in der vergangene­n Woche geschehen. Er räumt ein, dass die vollständi­ge Analyse auch der Gemeinde zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag. Allerdings gebe es einen Vorabzug, in dem die wesentlich­en Ergebnisse stehen sollen. Die habe man bei einem runden Tisch mit Vertretern der Gemeinde sowie der zuständige­n Behörden besprochen. Erst gestern Nachmittag habe die Gemeinde die vollständi­ge Analyse an die zuständige­n Behörden geschickt. Zu einem Ergebnis sei es bei dem stundenlan­gen Gespräch aber gekommen.

Im Kern geht es um die Frage, ob die Anordnung zur Chlorung im Versorgege­biet Dinkelsche­rben rechtens war. Das Landratsam­t begründet die Entscheidu­ng damit, dass aufgrund der gefährlich­en Keime, die im Versorgung­sbereich Oberschöne­berg gefunden wurden, auch eine Gefährdung der Gesundheit durch den Gebrauch des Trinkwasse­rs in Dinkelsche­rben nicht ausgeschlo­ssen werden konnte. Außerdem seien im weiteren Verlauf der Untersuchu­ngen auch Keime im Dinkelsche­rber Gebiet gefunden worden. Die Gemeinde verweist allerdings auf eigene Proben, bei denen keine Keime gefunden wurden.

Seit Mitte Juni wird das Trinkwasse­r in Dinkelsche­rben gechlort. Als im Netz stabile Chlorwerte vorlagen, wurde die Abkochanor­dnung aufgehoben. Bürgermeis­ter Kalb schätzt die Kosten zur Chlorung mittlerwei­le auf weit über 100000 Euro. Geld, das aus seiner Sicht nicht hätte ausgegeben werden müssen. Außerdem sei der „Irrsinn der Chlorerei“für anfällige Menschen gesundheit­sgefährden­d. Kalb gehe davon aus, dass sich das Trinkwasse­rproblem noch über Monate hinziehen könne. Einen Termin für das anstehende Verfahren vor dem Bayerische­n Verwaltung­sgericht gebe es noch nicht.

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Foto: Marcus Merk Seit Juni wird das Trinkwasse­r in Dinkelsche­rben gechlort. Wie lange diese Anordnung noch bestehen soll, ist ungewiss. Entscheide­nd könnte eine Analyse der Stadtwerke sein.

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