Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum das letzte
Die Geschichte von Scapa Flow und einem
wie lange die Unterhändler auf dem fernen Festland noch zu reden gedachten. Lange konnte er nicht mehr warten.
Die Briten hatten ihm einen Termin gesetzt, den 21. Juni 1919. Als der Morgen dieses Tages dämmerte, war man in Versailles immer noch nicht fertig. Man lag zwar in den letzten Zügen, aber das wusste Ludwig von Reuter nicht, der dort oben im Nordatlantik von solchen Informationen abgeschnitten war. Er musste handeln und das tat er auch. Sein ganz persönliches Kriegsziel: Seine Schiffe durften nicht in die Hände der Sieger fallen.
Er hatte schon von langer Hand Vorsorge getroffen. Jetzt musste nur noch der Geheimbefehl gegeben werden, und die Aktion konnte beginnen. Da die kaiserlichen Offiziere allesamt ehemalige Korps-studenten waren, nutzte man ein Code-wort aus der Welt der Studentenverbindungen: „Paragraf elf!“Für Kenner war das ein klarer Fall. Paragraf elf des Biercomments deutscher Verbindungen bedeutete: „Es wird weitergesoffen!“Vom Weitersaufen zum Absaufen war es sprachlich kein weiter Weg.
Und dann öffnete man die Luken. Die Sache dauerte einige Stunden, aber es gelang dem Admiral und seinen Mannen, 15 große Schiffe, fünf kleinere Kreuzer und 32 Torpedo-boote im Scapa Flow absaufen zu lassen. Die Selbstversenkung war ein eindrucksvoller, aber kein perfekter Erfolg. Als die Briten etwas merkten, konnten sie immerhin noch die SMS Baden, mehrere Kreuzer und ein gutes Dutzend Torpedoboote konfiszieren.
Das ging nicht ohne Gefechte ab. So fielen ein halbes Jahr nach Kriegsende vor der schottischen Küste noch neun deutsche Seeleute. Eine letzte Kriegs-tragödie in einem merkwürdigen Nachkriegs-akt. Rund 1700 deutsche Seeleute überlebten und kamen in britische Gefangenschaft. Der Konteradmiral, der seine Schiffe unter den Augen des „Feindes“versenkt hat, wurde nach seiner Rückkehr in die Heimat als Kriegsheld gefeiert und zum Admiral ohne „konter“befördert.
Zurück blieben seine Schiffe, eine ganze Flotte. Das war natürlich eine Attraktion für Glücksritter. Ein gewisser Ernest Cox erwarb dann ein paar Jahre später die meisten