Augsburger Allgemeine (Land West)
Bayern investiert Millionen in neue Landarztpraxen
Programm der Regierung zeigt erste Erfolge. Zukunftsperspektive für fast 500 Praxen. Doch viele Hausärzte finden keinen Nachfolger
In den kommenden fünf Jahren steht die Ärzteversorgung auf dem Land in Bayern vor einem Umbruch: Jeder dritte der rund
9000 bayerischen Hausärzte steht vor dem Ruhestand. Schon jetzt schließt nach Angaben der Ärzteverbände in Bayern jede Woche eine Hausarztpraxis, weil der Inhaber keinen Nachfolger findet. Mit fatalen Folgen für die Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung auf dem Land. Inzwischen versucht die Politik gegenzusteuern: Während die Bundesregierung derzeit erwägt, in dünn besiedelten Regionen „Landarztzuschläge“von bis zu 50 Prozent auf die Vergütung einzuführen, hat Bayern bereits knapp 40 Millionen Euro gegen den drohenden Ärztemangel investiert.
Nach Angaben des Hausärzteverbandes finden derzeit 70 Prozent der betroffenen Mediziner keinen Nachfolger, wenn sie in Ruhestand gehen wollen. Schon jetzt liegt das Durchschnittsalter der Allgemeinmediziner bayernweit bei 57 Jahren, über ein Drittel ist jenseits der sechzig. Die Situation ist dabei regional stark unterschiedlich: So ist etwa in den kassenärztlichen Regionen Lindau, Donauwörth Mindelheim, Schrobenhausen, Leipheim/Günzburg, Nördlingen zwischen 40 und
54 Prozent der Ärzte bereits über 60 Jahre alt – gerade im Landkreis Donau-Ries zeichnen sich dabei auch erste Engpässe in der Patientenversorgung ab, da im Schnitt 1800 Patienten auf einen Hausarzt kommen. In München sind es beispielsweise nur 1300 pro Hausarzt.
Der drohende Landärztemangel war einer der Gründe, warum die Bayerische Staatsregierung vor fünf Jahren ein eigenständiges Gesundheitsministerium eingeführt hat, das zuvor lange an das Umweltministerium angedockt war. Nun zog Gesundheitsministerin Melanie Huml eine erste Zwischenbilanz. So hat Bayern bislang rund 38 Millionen Euro in die medizinische Versorgung im ländlichen Raum gesteckt. „Das ist gut investiertes Geld“, sagte Gesundheitsministerin Huml. „Denn jeder geförderte Haus- und Facharzt leistet einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Lebensqualität im ländlichen Raum“, betonte die CSU-Politikerin.
Seit 2012 können Ärzte bis zu 60000 Euro Anschubförderung bekommen, wenn sie sich in Gemeinden mit unter 20 000 Einwohnern niederlassen; die Gründung einer Filialpraxis bezuschusst der Freistaat mit bis zu 15000 Euro. Bisher wurden laut Ministerin Huml 476 Niederlassungen gefördert – davon
384 Hausärzte, 32 Fachärzte und 60 Psychotherapeuten.
„Mein Ziel ist es, dass es in Bayern auch künftig eine gute und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung gibt – auch auf dem Land“, sagte Huml. Ein Teil der Fördersumme floss auch in Stipendien: So finanzierte der Freistaat
190 Medizinstudenten für maximal zwei Jahre mit 600 Euro pro Monat, die sich verpflichtet haben, ihre Weiterbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und danach weitere fünf Jahre dort ärztlich tätig zu sein.
Auch die Verbesserung des Medizinstudiums gehört zu dem Programm. Wenn zum Jahreswechsel das Augsburger Klinikum zur Uniklinik wird, könnten zum Wintersemester 2019/20 auch an der Universität Augsburg bereits die ersten von mittelfristig 250 Studienplätzen am neuen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Universität Augsburg entstehen.
Den Weg zur neuen Uniklinik Augsburg beschreibt Stefan Krog auf der Dritten Seite. Über den Ärztemangel lesen Sie den Kommentar.