Augsburger Allgemeine (Land West)

Die wahren Hintergrün­de für das Heim-Aus

Soziales Interne Papiere liefern interessan­te Details. Es geht nicht nur ums Geld

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Tag für Tag wird der Unmut in der Marktgemei­nde größer. Dinkelsche­rber reagieren mit Unterschri­ftenaktion­en, Protesten und politische­m Druck. Bislang galten die hohen Kosten für eine notwendige Sanierung der Einrichtun­g als Hauptgrund für das Aus. Doch jetzt wird klar: Das allein ist es nicht.

Das Heim gehört der Hospitalst­iftung Dinkelsche­rben. Das Ende der Einrichtun­g wurde von einem Ausschuss der Stiftung beschlosse­n. In der Beschlussv­orlage ist die Rede von notwendige­n Sanierungs­kosten in Höhe von mindestens acht Millionen Euro. Das könne sich die Hospitalst­iftung nicht leisten. Auch wegen des teuren Neubaus des Seniorenhe­ims St. Albert in Zusmarshau­sen. Denn: Durch den Neubau habe man ein hohes Darlehen zur Finanzieru­ng aufnehmen müssen.

Doch nicht nur die schlechte finanziell­e Lage der Eigentümer hat zur geplanten Schließung geführt. „Es scheint nicht genug Pflegepers­onal regional verfügbar zu sein, um beide Einrichtun­gen als stationäre Pflegeeinr­ichtungen zu betreiben“, heißt es in der Beschlussv­orlage. Sitzungsvo­rstand Ulrich Hörwick spricht vom „Pflegenots­tand“, der längst in der Region angekommen sei. Mit der Schließung des Dinkelsche­rber Heims könnten Engpässe andernorts, zum Beispiel in Zusmarshau­sen, aufgefange­n werden.

Offenbar hat man sich im Vorfeld Gedanken über die Bedeutung des Wegfalls der rund 50 Arbeitsplä­tze in Dinkelsche­rben gemacht. Dass alle Angestellt­en weiterhin beschäftig­t werden, ist der Hospitalst­iftung wichtig. Durch die Zusicherun­g scheine „ein möglicher Ansehensve­rlust der Stiftung durch eventuelle Arbeitspla­tzverluste“gering, so die Erläuterun­g zum Beschluss.

Abgestimmt haben darüber sieben Mitglieder des zuständige­n Ausschusse­s der Hospitalst­iftung. Als Vertreter des Marktes Dinkelsche­rben sitzt der ehemalige Bürgermeis­ter Peter Baumeister im Ausschuss. Wie der Anwalt der Hospitalst­iftung, Guntram Baumann, mitteilt, gab es bei der Abstimmung zum Ende des Heims eine Enthaltung. Alle anderen haben dafür gestimmt.

Dabei hat man sich im Vorfeld mit einem möglichen Imageverlu­st beschäftig­t. Allerdings kommt die Stiftung in der Erläuterun­g zu dem Schluss, „dass das Seniorenhe­im der Hospitalst­iftung bei der Bevölkerun­g des Kernortes Dinkelsche­rben keineswegs ,ihre‘ Pflegeeinr­ichtung ist und für die lokale Versorgung entbehrlic­h scheint.“Außerdem zeige der Markt Dinkelsche­rben über die letzten Jahre „keinerlei spürbares Interesse an der Entwicklun­g und Perspektiv­e der Einrichtun­g“. Ohnehin könne das Heim wegen des Pflegenots­tands seit Jahren nicht mehr voll belegt werden.

Doch was wird nun aus dem Gebäude? „Die Grundstück­e und Gebäude sollen einer anderen Nutzung zugeführt werden“, heißt es in der Vorlage. Das Haus könne auch verkauft werden. In diesem Fall, erklärt Anwalt Baumann, muss das Gebäude nicht mehr im Sinne der Stiftung genutzt werden. Nur wenn die Hospitalst­iftung sich entschließ­t, das Gebäude nicht zu verkaufen, müsse es weiterhin in deren Sinne – also zur Förderung alter und hilfsbedür­ftiger Menschen – betrieben werden. Der Stiftungsv­orstand Ulrich Hörwick hatte in einer ersten Mitteilung betont, dass die Stiftung ihrer sozialen Verantwort­ung im Blick auf eine künftige Nutzung des Gebäudes auch in Zukunft gerecht werde. Hörwick ist es wichtig zu betonen, dass allen aktuellen Bewohnern des Heims eine Perspektiv­e geboten werden soll.

Landrat Martin Sailer hat alle Beteiligte­n eingeladen, über „die Möglichkei­ten zum Erhalt des Seniorenhe­ims“zu sprechen. Dazu soll es einen Runden Tisch mit Vertretern der Hospitalst­iftung, der Marktgemei­nde, der Caritas sowie Vertretern von Bewohnern, Mitarbeite­rn und Angehörige­n geben. Der Stiftungsa­nwalt erklärte, dass ihm bislang keine Einladung vorliege. Man wolle prüfen, ob ein Gespräch sinnvoll ist. „An der Entscheidu­ng wird sich aber nichts ändern“, so der Anwalt.

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Foto: Marcus Merk Auch der Neubau des Seniorenhe­ims St. Albert in Zusmarshau­sen spielt eine Rolle bei der Entscheidu­ng, das Heim in Dinkelsche­rben zu schließen.

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