Augsburger Allgemeine (Land West)
Die wahren Hintergründe für das Heim-Aus
Soziales Interne Papiere liefern interessante Details. Es geht nicht nur ums Geld
Dinkelscherben Tag für Tag wird der Unmut in der Marktgemeinde größer. Dinkelscherber reagieren mit Unterschriftenaktionen, Protesten und politischem Druck. Bislang galten die hohen Kosten für eine notwendige Sanierung der Einrichtung als Hauptgrund für das Aus. Doch jetzt wird klar: Das allein ist es nicht.
Das Heim gehört der Hospitalstiftung Dinkelscherben. Das Ende der Einrichtung wurde von einem Ausschuss der Stiftung beschlossen. In der Beschlussvorlage ist die Rede von notwendigen Sanierungskosten in Höhe von mindestens acht Millionen Euro. Das könne sich die Hospitalstiftung nicht leisten. Auch wegen des teuren Neubaus des Seniorenheims St. Albert in Zusmarshausen. Denn: Durch den Neubau habe man ein hohes Darlehen zur Finanzierung aufnehmen müssen.
Doch nicht nur die schlechte finanzielle Lage der Eigentümer hat zur geplanten Schließung geführt. „Es scheint nicht genug Pflegepersonal regional verfügbar zu sein, um beide Einrichtungen als stationäre Pflegeeinrichtungen zu betreiben“, heißt es in der Beschlussvorlage. Sitzungsvorstand Ulrich Hörwick spricht vom „Pflegenotstand“, der längst in der Region angekommen sei. Mit der Schließung des Dinkelscherber Heims könnten Engpässe andernorts, zum Beispiel in Zusmarshausen, aufgefangen werden.
Offenbar hat man sich im Vorfeld Gedanken über die Bedeutung des Wegfalls der rund 50 Arbeitsplätze in Dinkelscherben gemacht. Dass alle Angestellten weiterhin beschäftigt werden, ist der Hospitalstiftung wichtig. Durch die Zusicherung scheine „ein möglicher Ansehensverlust der Stiftung durch eventuelle Arbeitsplatzverluste“gering, so die Erläuterung zum Beschluss.
Abgestimmt haben darüber sieben Mitglieder des zuständigen Ausschusses der Hospitalstiftung. Als Vertreter des Marktes Dinkelscherben sitzt der ehemalige Bürgermeister Peter Baumeister im Ausschuss. Wie der Anwalt der Hospitalstiftung, Guntram Baumann, mitteilt, gab es bei der Abstimmung zum Ende des Heims eine Enthaltung. Alle anderen haben dafür gestimmt.
Dabei hat man sich im Vorfeld mit einem möglichen Imageverlust beschäftigt. Allerdings kommt die Stiftung in der Erläuterung zu dem Schluss, „dass das Seniorenheim der Hospitalstiftung bei der Bevölkerung des Kernortes Dinkelscherben keineswegs ,ihre‘ Pflegeeinrichtung ist und für die lokale Versorgung entbehrlich scheint.“Außerdem zeige der Markt Dinkelscherben über die letzten Jahre „keinerlei spürbares Interesse an der Entwicklung und Perspektive der Einrichtung“. Ohnehin könne das Heim wegen des Pflegenotstands seit Jahren nicht mehr voll belegt werden.
Doch was wird nun aus dem Gebäude? „Die Grundstücke und Gebäude sollen einer anderen Nutzung zugeführt werden“, heißt es in der Vorlage. Das Haus könne auch verkauft werden. In diesem Fall, erklärt Anwalt Baumann, muss das Gebäude nicht mehr im Sinne der Stiftung genutzt werden. Nur wenn die Hospitalstiftung sich entschließt, das Gebäude nicht zu verkaufen, müsse es weiterhin in deren Sinne – also zur Förderung alter und hilfsbedürftiger Menschen – betrieben werden. Der Stiftungsvorstand Ulrich Hörwick hatte in einer ersten Mitteilung betont, dass die Stiftung ihrer sozialen Verantwortung im Blick auf eine künftige Nutzung des Gebäudes auch in Zukunft gerecht werde. Hörwick ist es wichtig zu betonen, dass allen aktuellen Bewohnern des Heims eine Perspektive geboten werden soll.
Landrat Martin Sailer hat alle Beteiligten eingeladen, über „die Möglichkeiten zum Erhalt des Seniorenheims“zu sprechen. Dazu soll es einen Runden Tisch mit Vertretern der Hospitalstiftung, der Marktgemeinde, der Caritas sowie Vertretern von Bewohnern, Mitarbeitern und Angehörigen geben. Der Stiftungsanwalt erklärte, dass ihm bislang keine Einladung vorliege. Man wolle prüfen, ob ein Gespräch sinnvoll ist. „An der Entscheidung wird sich aber nichts ändern“, so der Anwalt.