Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Fehlschuss als Sinnbild der VfB-Krise
Das Bundesliga-Gruselkabinett ist seit dem Wochenende um einen Neuzugang reicher. Dort, wo sich sämtliche sportlichen Fehltritte und Aussetzer aus gut 56 Jahren deutscher Beletage tummeln, hat jetzt auch Nicolás González einen festen Platz sicher – oder genauer: sein Fehlschuss aus dem verloren gegangenen Heimspiel seines Vereins VfB Stuttgart gegen Schalke 04. Es läuft die 48. Minute in dem für beide Mannschaften extrem wichtigen Spiel, es geht um einen Befreiungsschlag im Abstiegskampf. Spielstand: 0:1. S04-Torwart Ralf Fährmann will das Spiel schnell machen, findet mit seinem Querpass kurz vor dem Sechzehner aber nur den lauernden VfB-Stürmer. Das Tor ist komplett verwaist, González bekommt sein erstes BundesligaTor quasi auf dem Silbertablett serviert. Doch dem 20-Jährigen, vor der Saison für rund 8,5 Millionen Euro aus Argentinien gekommen, stehen die Nerven im Weg: Anstatt handlungsschnell abzuschließen, legt er sich den Ball einmal vor und muss dann mit dem schwachen Rechten abschließen. Sein stümperhafter Chipversuch trifft nur den Pfosten – eine Szene, wie sie einem in der Kreisklasse die Schamesröte ins Gesicht treiben würde.
Zwar kommt González in der 76. Minute per Kopf doch noch zu seinem Tor-Debüt, aber da liegt seine Mannschaft bereits mit 0:2 hinten. Sie verliert mit 1:3. VfB-Trainer Markus Weinzierl, ehemals FCA, resümierte konsterniert: „Der Knackpunkt war definitiv die 48. Minute.“González ist so etwas wie das Sinnbild der Krise der Stuttgarter, die auf dem Relegationsplatz überwintern: Fleißig und zweifellos talentiert, aber zu oft mit der falschen Entscheidung, wenn es drauf ankommt – wie beim Fahlschuss zu sehen. Dabei gab der VfB im Sommer ganze 35 Millionen Euro für Neuzugänge aus, so viel wie kaum ein Konkurrent. González galt als Top-Transfer – doch auch, wenn er sportlich bislang nicht positiv auffiel: Der Platz in jedem Jahresrückblick dürfte ihm sicher sein. (kmax)