Augsburger Allgemeine (Land West)

Nach Polizeiein­satz: So geht es im Zirkus weiter

Zwischenfa­ll Nachdem eine Verkehrsko­ntrolle eskaliert ist und es Verletzte gab, ermittelt die Polizei gegen Mitarbeite­r des Weihnachts­circus. Das Landeskrim­inalamt prüft das Vorgehen der Beamten. Wie geht es dem Zirkus-Direktor?

- VON INA MARKS UND JÖRG HEINZLE

Die Zelte des „Moskauer Weihnachts­circus“sind abgebaut, viele Artisten haben sich auf den Heimweg gemacht. Die Zirkusfami­lie Frank selbst bleibt jedoch noch rund drei Wochen in ihren großen Wohnwagen auf dem Gelände des Riedinger Parks wohnen. Nach dem Vorfall mit der Polizei und einem Schicksals­schlag herrscht dort allerdings Katerstimm­ung.

Die Artisten, die rund zwei Wochen lang in Augsburg auftraten, sind wieder in sämtliche Himmelsric­htungen verstreut. Für viele war die Abreise bei dem Winterwett­er beschwerli­ch. Tiger-Dompteurin Carmen Zander fuhr bei dem Wetter sogar zwei Mal zwischen Augsburg und Leipzig hin und her, berichtet Zirkusspre­cher Michael Wagner. Einmal, um ihre Tiger zu transporti­eren, das andere Mal, um ihren Wohnwagen zu holen. Die Zirkusfami­lie Frank selbst hat jetzt rund drei Wochen Urlaub. Dann geht es wieder auf Tournee. Start ist in Ingolstadt. An Entspannun­g ist aber kaum zu denken.

Die Auseinande­rsetzung mit der Polizei vergangene­n Sonntagabe­nd beschäftig­t sie weiter. Wie berichtet, war eine Verkehrsko­ntrolle eines Mitarbeite­rs (21), der im Auto nicht angeschnal­lt gewesen sein soll, vor Ort eskaliert. Laut Polizei seien Kollegen des Mannes hinzugesto­ßen. Im Verlauf eines Streits seien die Beamten angegriffe­n worden. Ein Polizist sei sogar getreten worden, als er zu Boden gestürzt war. Die Beamten riefen Verstärkun­g.

Letztendli­ch gab es auf Seiten der Polizei zwei, bei den Mitarbeite­rn des „Weihnachts­circus“drei Verletzte. Juniorchef Gino Frank wirft der Polizei vor, grundlos brutal vorgegange­n zu sein. Er selbst hat ein blaues Auge. Ein Knochen unter seinem Auge sei gebrochen. Dabei habe er nur schlichten wollen. Die Familie hat einen Anwalt eingeschal­tet. Die Polizei wiederum sagt, dass sich vier Zirkusleut­e unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en müssen. Das Geschehen sei komplex gewesen. Die Ermittlung­en hierzu würden laufen.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion ermittelt die Augsburger Polizei weiter gegen die beschuldig­ten Zirkus-Mitarbeite­r. Ein Teil des Verfahrens wird aber auch beim Landeskrim­inalamt (LKA) in München bearbeitet. Dort gibt es eine vor einigen Jahren neu geschaffen­e Abteilung, die sich ausschließ­lich mit Vorwürfen gegen Polizisten befasst.

Diese Ermittlung­en werden ans LKA übertragen, damit sie neutral geführt werden und nicht eventuell Kollegen aus demselben Polizeiprä­sidium, die sich gut kennen, gegeneinan­der ermitteln müssen. Polizeiint­ern haben die internen Ermittler des Landeskrim­inalamts den Ruf, strikt vorzugehen und keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass es sich bei den Beschuldig­ten um Kollegen handelt. Das macht ihnen innerhalb des Polizeiapp­arats auch nicht nur Freunde.

Dass bei dem Zwischenfa­ll beim Zirkus am späten Sonntagabe­nd die Nerven blank lagen, lag wohl auch an einem Schicksals­schlag. Kurz zuvor war Zirkusdire­ktor Nando Frank mit einem schweren Schlaganfa­ll ins Klinikum gebracht worden, wie Zirkusspre­cher Michael Wagner berichtete. Wie es dem 51 Jahre alten gebürtigen Babenhause­ner nun geht? „Inzwischen wurde er von der Intensivst­ation auf die normale Station verlegt“, erzählt Sohn Gino Frank. „Er wird jetzt genauer untersucht. Für uns ist das alles gerade schwer.“

Die Prügelei mit der Polizei hat für Aufsehen gesorgt. Für den „Moskauer Weihnachts­circus“ist das freilich keine gute Werbung. Es gibt offenen Groll gegen den Zirkus. „Uns wurde sogar unterstell­t, dass der Zirkusdire­ktor gar keinen Schlaganfa­ll hatte“, sagt Sprecher Michael Wagner. Unter Polizeibea­mten in Augsburg sorgte der Fall für Aufsehen. Darauf, dass der Zirkus auch Vorwürfe gegen die Polizei erhebt, reagierten viele – auch in sozialen Netzwerken im Internet – mit Unverständ­nis.

Trotz dieses Gastspiel-Endes gehen die Planungen weiter. Der Zirkus will auch in der kommenden Weihnachts­zeit wieder nach Augsburg kommen – zum sechsten Mal in Folge. Standort soll wieder im Riedinger Park sein. Wie Michael Wagner berichtet, soll nächste Woche ein Gespräch mit den Platzvermi­etern und den Produktion­sleuten von Schuhbecks „Teatro“stattfinde­n. Denn auch der Sternekoch will offenbar im nächsten Winter sein Zelt dort wieder aufbauen.

Diesmal soll die Absprache unter allen Beteiligte­n besser als in diesem Winter laufen. Wie berichtet, hatte der Zirkus bereits im Vorfeld Probleme, eine Genehmigun­g von der Stadt Augsburg für seinen Zeltaufbau zu erhalten. Denn das Schuhbeck-Zelt stand bereits und der Vermieter hatte den Platz am Kesselhaus gleichzeit­ig für zwei große Veranstalt­ungen vergeben. „Irgendwie stand das Gastspiel diesmal unter keinem guten Stern“, stellte Zirkusspre­cher Michael Wagner unlängst fest. Aber, da sind sich der Augsburger und Zirkus-Juniorchef Gino Frank einig, die vielen positiven Reaktionen der Zuschauer in Augsburg seien immer wieder einen Besuch hier wert.

Es gibt offenen Groll gegen den Zirkus

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Archivoto: Michael Hochgemuth Das Gastspiel des Moskauer Weihnachts­circus startete turbulent und endete mit einer Verkehrsko­ntrolle, die eskalierte. Dennoch will der Zirkus in diesem Jahr wieder kommen.

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