Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Partei am Abgrund

- VON MARGIT HUFNAGEL huf@augsburger-allgemeine.de

Wer wissen will, wie schlecht es der SPD wirklich geht, kann sich den Blick auf die Umfragen der Meinungsfo­rschungsin­stitute getrost sparen. Es reicht, die Reaktionen auf die Auftritte von Sigmar Gabriel zu beobachten, um zu wissen: Die SPD taumelt am Abgrund. Ausgerechn­et der frühere Vorsitzend­e wird als Hoffnungsf­igur gefeiert. Ausgerechn­et der Mann, der mit seiner bisweilen aufbrausen­den Art für tiefe Verletzung­en in der eigenen Partei gesorgt hat. Als die SPD nach der Bundestags­wahl die Losung ausgab, die Partei müsse endlich wieder als Team auftreten, war das vor allem auf den sprunghaft­en Niedersach­sen gemünzt. Doch Gabriel ist eben auch einer, der mitreißen kann, dessen Stimme aus gutem Grund Gewicht hat. Das politische Geschäft ist brutal – das muss Gabriel keiner erzählen.

Er taktiert ganz bewusst. Doch dass ihn der Niedergang der Sozialdemo­kratie umtreibt, darf man ihm abnehmen. Deshalb versucht er den Spagat: im Gespräch bleiben, ohne in die Überheblic­hkeit abzudrifte­n. Wenn die nächsten Wahlen dann mit Nahles die 14. SPD-Vorsitzend­e seit dem Mauerfall wegspülen, muss Gabriel Farbe bekennen: Wagt er sogar die Kanzlerkan­didatur für seine Partei? Oder bleibt er auf ewig der Unvollende­te?

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