Augsburger Allgemeine (Land West)
Kulturschocker aus Franken
„Gankino Circus“mit dem Programm „Die Letzten ihrer Art“begeistert und sorgt gleichzeitig auch für Verwirrung
Gersthofen Mit Gankino Horo, einem bulgarischen Volkstanz im ungeraden 11/16-Takt, rechnet man am wenigsten, wenn vier Musiker und Geschichtenerzähler aus Franken zum Konzert einladen. Am Donnerstag spielte die vierköpfige Band „Gankino Circus“in der Stadthalle Gersthofen PatchworkFolklore. Die zum Teil konfuse aber gleichermaßen geniale Musikdarbietung konnte im spärlich besuchten kleinen Saal das Publikum zwar mitreißen und erntete dafür am Ende zurecht euphorische Ovationen. Ihre Geschichten und ihre gebetsmühlenartige Vortragsweise gaben jedoch auch Grund zur Kritik – der Reihe nach.
Mit ihrem Programm „Die letzten ihrer Art“zeigten Simon Schorndanner (Klarinette und Saxofon), Ralf Wieland (Gitarre), Maximilian Eder (Akkordeon und Knochen-Xylofon) und Johannes Sens (Schlagzeug und Trompete) nicht nur ihre Liebe zur Musik. Wie berauscht spielten die Musiker schweißtreibende Virtuositäten mit beeindruckender Ausdauer und Perfektion – die zweistündige Musikshow, überwiegend mit Stücken in rasend schnellem Tempo, bei welchen die Zuschauer sogar beim Mitklatschen Mühe hatten, schüttelten die vier scheinbar locker aus dem Ärmel, als wäre es das Leichteste der Welt. Das Publikum wusste die musikalische Leistung der Ausnahmekünstler zu würdigen.
Doch was wurde eigentlich gespielt? Der Bandname „Gankino Circus“deutet es an: Klamauk mit musikalischem Schwerpunkt im Balkan. Begonnen hatte das Konzert mit sphärenartiger Tonmalerei und vertrauten Klängen. Ein Sonnenaufgang auf einer Alm irgendwo in den bayerischen Alpen war die Impression. Plötzlich folgte mit der Verschmelzung des bayerischen Ländlers mit Gypsy-Jazz im ungeraden Groove der erste Stilbruch. Es sollte nicht der Letzte sein. Als sich die vier Musiker dann mit ihrem unverhohlenen Dialekt vorgestellt und daraufhin ihre mittelfränkische Heimatgeschichte zu erzählen begonnen haben, war die Verwirrung groß und der Kulturschock perfekt.
Es folgten während abenteuerliche und teilweise zusammenhanglos wirkende Geschichten, welche den Humornerv des Publikums nicht immer trafen; pseudo-sentimental und nicht immer oberhalb der Gürtellinie. Zum Glück konnte „Gankino Circus“das Ruder mit ihrer außergewöhnlichen Musik herumreißen. Zum Brüller wurde eine spezielle Interpretation des berühmten griechischen Volkstanzes „Sirtaki“für Gitarre und Akkuschrauber.
Fazit. Die musikalisch-kulturelle Identität der Gruppe blieb unklar. Dafür wurde die Show mit musikalischen Ausflügen in die balkanische und mittelöstliche Folklore und später zum Rock’n’Roll zu wenig zusammenhängend moderiert. Schade, denn das musikalische Potenzial der Gruppe sucht mit diesem Mix seinesgleichen.