Augsburger Allgemeine (Land West)
Heute überwiegend mit Schusswaffen
Interview Welche Strafen Wilderern heute drohen, weiß Inspektionsleiter Raimund Pauli
209 Fälle von Wilderei sind der bayerischen Polizei 2016 bekannt geworden. In den Vorjahren waren es mit 150 bis 180 Fällen deutlich weniger, wie aus der Kriminalitätsstatistik hervorgeht. Auch im waldreichen Holzwinkel an der A8, für den die Polizeidienststelle Zusmarshausen zuständig ist, werden immer wieder Fälle von Wilderei gemeldet. Das bestätigt Polizeihauptkommissar Raimund Pauli, der Leiter der Inspektion.
Wie wird heutzutage gewildert?
Raimund Pauli: Das Jagen mit Schlingen oder Fallen wie vor 100 Jahren beschrieben stellt im aktuellen Zeitalter die absolute Ausnahme dar und ist in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr bekannt geworden. In überwiegenden Fällen der Jagdwilderei sind Schusswaffen im Spiel – klein- oder großkalibrige Waffen. Nachdem tagsüber so gut wie nie gewildert wird – Forstarbeiter, Jäger oder Erholungssuchende oder Pilzsammler passen in den Wäldern gut auf –, kommen mit den Schusswaffen nachts sehr oft auch spezielle Zielgeräte, das Scheinwerferlicht von Kraftfahrzeugen oder auch andere Lichtquellen zum Einsatz. Insgesamt spielt Jagdwilderei heute eine eher untergeordnete Rolle in der Kriminalstatistik. Eine Konzentration im Holzwinkel ist nicht mehr festzustellen.
Eine „Tracht Prügel“wünschte sich früher ein Zeitungsredakteur für die „verkommenen Subjekte“, die Schlingen legten, um so Tiere zu fangen. Welche Strafe steht heute auf Wilderei?
Pauli: Erst einmal: Natürlich sind heutzutage körperliche Züchtigungen verboten. Die Strafbarkeit für Jagdwilderei ergibt sich aus dem Strafgesetzbuch. Da das Jagdrecht mit Grund und Boden verbunden ist, ist grundsätzlich immer die Erlaubnis des Grundstücks- oder Waldbesitzers erforderlich. Ist sie nicht vorhanden, dann handelt es sich um Jagdwilderei. In solchen Fällen sieht der Paragraf 292 eine Freiheitsstrafe von bis zu drei
Jahren oder eine Geldstrafe vor. Es kann sogar deut- lich mehr werden: Bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Jagdwilderei, zur Nachtzeit, in der Schonzeit, mit Schlingen oder gemeinschaftlich mit Schusswaffen ist eine Geldstrafe nicht mehr möglich, sondern nur eine erhöhte Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Das klingt sehr komplex.
Pauli: Das ist richtig. Von der Jagdwilderei abgegrenzt werden übrigens Verstöße gegen das formelle Recht.
Das heißt?
Pauli: Das formelle Recht ist im Bundesjagdgesetz und im Bayerischen Jagdgesetz geregelt. Das Landesrecht geht grundsätzlich dem Bundesjagdgesetz vor, außer es findet sich dort keine relevante Regelung. Neben der Einhaltung von sachlichen Geboten und Verboten, unter anderem das Jagen aus einem Kraftfahrzeug heraus oder Schusswaffen mit Schalldämpfer, zählt hierzu vor allem das Jagen ohne den erforderlichen Jagdschein. In der Regel handelt es sich dann um Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro belegt werden können. Unter bestimmten Voraussetzungen sind nach dem Bundesjagdgesetz auch Straftatbestände als Vergehen mit einer Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe möglich.
Interview: Maximilian Czysz