Augsburger Allgemeine (Land West)
Jahrzehnte für das Kernkraftwerk tätig und doch nicht ganz
Klage Eine Frau ist schon lange im AKW. Statt als Externe will sie nun direkt dort arbeiten
Gundremmingen/München Die Stimmung im Atomkraftwerk (AKW) in Gundremmingen sei nicht schlecht, sagt Betriebsratsvorsitzende Elke Blumenau im Gespräch mit unserer Zeitung. Mit der Ende 2021 bevorstehenden Abschaltung von Block C und dem Rückbau des ganzen Komplexes stünden natürlich Veränderungen an, die sich auf alle auswirken würden. Aber es müsse sich erst einmal keiner Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen, auch wenn sich die Aufgaben ändern könnten, es gebe ja ein soziales Sicherungsnetz – für das eigene Personal. Die Mitarbeiter von Fremdfirmen seien ausgenommen, und bevor die Stammbelegschaft gehen muss, würde der Stellenabbau die Externen zuerst treffen. Genau deshalb macht sich eine Angestellte Sorgen um ihre Zukunft – und klagt jetzt gegen den Kraftwerksbetreiber KGG.
Seit 1985 ist sie in Gundremmingen tätig. Damals schloss sie ein Arbeitsverhältnis mit der Firma Kalka, weil das Kraftwerk nicht selbst einstellte. Zwei Jahre später wechselte die Beschäftigung zur Harald Meyer VDI, die später in Stork Technical Services aufging. Doch da sie seit Jahrzehnten im Bereich der technischen Dokumentation in Gundremmingen eingesetzt wird und in den Betriebsablauf integriert sei, solle sie das Kraftwerk nun selbst fest anstellen, findet die 55-Jährige. Da ihre Stelle neu ausgeschrieben worden sei, habe sie sich zur Klage entschlossen. Dass ihr Name in der Zeitung genannt wird, möchte sie zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht.
In erster Instanz verlor sie den Prozess im vergangenen Sommer bei der Neu-Ulmer Kammer des Arbeitsgerichts Augsburg. Nun befasste sich das Landesarbeitsgericht in München damit. Auch dort ging es um die Forderung, ein Jubiläumsgeld für 25 Jahre Betriebszugehörigkeit in Höhe von gut 9500 Euro plus Zinsen, eine Jubiläumsuhr mit einer KGG-Beteiligung von 400 Euro – und eben die rückwirkende Festanstellung zu bekommen, wodurch sie von der betrieblichen Altersvorsorge für die Kraftwerksmitarbeiter profitieren würde. Das fußt darauf, dass eine Arbeitnehmerüberlassung für solch einen langen Zeitraum nicht rechtens sei, erklärte die Anwältin der Klägerin, Birgit Rust. Die KGG und deren rechtliche Vertreter stehen jedoch auf dem Standpunkt, dass es sich um einen Werkvertrag handele. Die Weisungen kämen somit nicht vom Kraftwerk, sondern von der Fremdfirma. Die Klägerin betont, dass sie ihre Aufträge direkt von den KGGVorgesetzten in Gundremmingen erhalte und etwa auch mit ihnen ihren Urlaub abspreche.
Die Vorsitzende Richterin Karoline Schönleben klopfte bei der Verhandlung in München ab, ob es die Möglichkeit eines Vergleichs geben könnte. Der Klägerin waren bereits zuvor 75000 Euro angeboten worden. Nun wurde das Angebot von den Kraftwerks-Vertretern auf 125000 Euro aufgestockt, eine Anstellung lehnten sie ab. Birgit Rust und ihrer Mandantin war das Angebot zu gering, es solle um eine soziale Absicherung gehen. Man würde bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit und somit der Höhe der Altersversorgung Abstriche in Kauf nehmen. Aber bei einer Geldzahlung könne man erst bei 240000 Euro anfangen, darüber nachzudenken. Da das den KGG-Vertretern zu viel war, schlug die Richterin 183 000 Euro als Mitte zwischen den Summen und als „Entschädigung für zu entgehende Einnahmen“vor.
Bis Mitte März haben beide Seiten nun Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, ob ein solcher Vergleich infrage kommen könnte. Die Vorsitzende Richterin sprach bereits von einem „schmalen Grat“, auf dem sich die Kraftwerksbetreiber bewegten.