Augsburger Allgemeine (Land West)
Ungeheuer der Meere
Kiel Aktivisten behindern Kreuzfahrtschiff. Sie bezeichnen solche Kolosse als böse
Kiel Mit fast sechs Stunden Verspätung ist ein Kreuzfahrtschiff nach einer Blockadeaktion von rund 50 Aktivisten in Kiel ausgelaufen. Das Schiff sei am späten Sonntagabend gegen 22 Uhr Richtung Kopenhagen gestartet, teilte die Polizei mit. Die Blockierer der Gruppe „Smash Cruiseshit“– frei übersetzt „Zerstört den Kreuzfahrt-Unsinn“– werteten ihren Protest als Erfolg und kündigten weitere Aktionen an. Sie fordern ein Ende der gesamten Kreuzfahrtbranche.
Die Demonstranten kreuzten mit kleinen Booten vor dem Bug des Schiffes. Fünf Aktivisten besetzten am Ostseekai einen Kran. 46 seien von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Die Gruppe „Smash Cruiseshit“erklärte, sie wolle mit der Aktion den Schadstoffausstoß des Kreuzfahrtschiffes „Zuiderdam“unterbrechen und auf die Arbeitsbedingungen an Bord aufmerksam machen. Die „Ausbeutung“an Bord müsse aufhören. Und: „Kreuzfahrtschiffe tragen zur Erhitzung des Planeten bei – durch Rußpartikel, die sich auf Eisbergen in der Arktis absetzen, schmilzt das Eis dort noch schneller.“Verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand, „Smash Cruiseshit“schrieb auf Twitter hingegen von einigen Leichtverletzten.
Der Kreuzfahrt-Tourismus ist seit Jahren eine Boom-Branche. 2018 buchten 2,23 Millionen Reisende aus Deutschland eine Kreuzfahrt. Weltweit stieg die Zahl der Kreuzfahrt-Passagiere um 6,7 Prozent auf 28,52 Millionen. Die „Zuiderdam“kann knapp 2000 Passagiere aufnehmen. Die Reederei könnte von den Aktivisten Schadenersatz verlangen, weil sie mit erhöhter Geschwindigkeit nach Kopenhagen fahren musste. In gewisser Weise ist der Protest der Aktivisten also nach hinten losgegangen, denn das Schiff verbrauchte dadurch zusätzlichen Treibstoff.