Augsburger Allgemeine (Land West)
Brauchtum
Die Wasservögel sind los
Landkreis Der uralte Pfingstbrauch des Wasservogellaufens ist bis heute erhalten: der „Wasservogel“. Der Sinn dieses Brauches wird örtlich verschieden gedeutet, doch in Leitershofen hat er eine ganz besondere Tradition.
Josef Riegel war bereits vor dem 2. Weltkrieg als junger Bursche mit dem Wasservogel in Leitershofen unterwegs. Nach dem Krieg kehrte er 1958 in seinen Heimatort zurück und belebte diesen Brauch umgehend wieder. Nach seinem Tod übernahm vor 32 Jahren sein Sohn Markus das Brauchtum und setzte dieses ohne Pause fort. „Selbst bei übelstem Regenwetter wurde unser Wasservogel nie abgebrochen“, sagt Markus Riegel. „Die Jungs laufen zwei volle Tage und besuchen dabei 1300 Haushalte“, erzählt er fast ein wenig stolz. Auch das Wasservogelgedicht übernahm er im Original von seinem Vater. „Das Wasservogellaufen war übrigens früher nur den armen Kindern vorbehalten, sie bekamen ein paar Münzen, Eier und Schmalz“, weiß Riegel.
So ist der Zeitpunkt Pfingsten gewählt, weil das Leben in der Natur zur vollen Entfaltung gekommen ist. Dies versinnbildlicht auch der mitgeführte Maien, ein Birkenbäumchen. Die auf dem Baum angebrachten bunten Bänder, früher auch Schellen, sollten die Schadgeister vertreiben. Gleichzeitig ist dies auch der Zeitpunkt der Leuterung. Deshalb wurde der Wasservogel, ein ganz in Besenginster eingemachter Bursche, vor jedem Haus mit Wasser übergossen, womit man sich von den Sünden und Verfehlungen des vergangenen Jahres reinwaschen wollte. Als Buße wurden dann Geld, Eier und Schmalz gegeben, wie es heute noch in dem Vers zum Ausdruck kommt.
Und so wird dieser Brauch von den fünf Jugendlichen vorgetragen: Der Wasservogel und der Maienträger bleiben stehen. Der Geldsack-, Eierkorb- und Schmalzkübelträger umlaufen beim Vortrag des Verses die beiden anderen. Über den Inhalt des Verses gibt es einmal durch die Überlieferung und durch die verschiedenen Dialekte so starke Abweichungen, dass ein Zusammenhang heute sehr schwer zu finden ist.
Über den Besuch des traditionellen Wasservogels freute sich besonders Stadtbergens 2. Bürgermeister Michael Smischek, der, ausgerüstet mit einem Kübel kalten Wassers, den Ginstergesellen mit einem „Volltreffer“übergoss. Schließlich war er selbst einmal ein Wasservogel.
Wie auch in den vergangenen Jahren spenden die Wasservögel einen Geldbetrag einer sozialen Einrichtung. Heuer wählten sie den Waldkindergarten, dessen Kinder nicht nur die bunten Stoffbänder für die Birke bastelten, sondern auch gemeinsam mit den Wasservögeln das Bäumchen auswählten.
Auch in Altenmünster und im Ortsteil Hennhofen waren die Wasservögel am Pfingstmontag unterwegs. Schon um 6 Uhr morgens machte sich die Feuerwehrjugend auf den Weg, um die Wasservögel in Hennhofen unter Leitung von Tobias Häusler, Alexander Cieslik und Andreas Skarke mit Birkenzweigen zu umhüllen. Etwa drei Stunden dauerte das Einkleiden von Marcel Walter, Dominik Stuhlenmiller und Dorian Meissner, die dieses Jahr die Wasservögel darstellten.
Begleitet wurden die Wasservögel auch hier vom „Bäumle“, einer geschmückten kleinen Birke, die heuer Jonas Jäckle und Jonas Stuhlenmiller von Haus zu Haus trugen, den Spruch vom Wasservogel aufsagten und um Spenden baten. (inst,
Ginstergeselle mit einem „Volltreffer“übergossen