Augsburger Allgemeine (Land West)

Mann wollte Nebenbuhle­r mit Armbrust töten

Justiz Vor Gericht gesteht der 42-Jährige die Tat – bestreitet aber Eifersucht als Motiv

- VON CAROLIN LINDNER

Memmingen Ein aufsehener­regender Fall beschäftig­t derzeit das Landgerich­t in Memmingen: Ein 42-Jähriger hat versucht, den neuen Mann an der Seite seiner Ex-Freundin umzubringe­n – durch den Pfeil einer Armbrust. Dem Angeklagte­n wird versuchter Mord vorgeworfe­n, am Dienstag fand der Prozessauf­takt vor der Ersten Strafkamme­r unter Vorsitz von Christian Liebhart statt. Staatsanwa­lt Thomas Hörmann sagte, der 42-Jährige sei schon lange auf den Neuen seiner Ex-Freundin eifersücht­ig gewesen. Nachdem es zwischen ihm und der Frau zu einem Streit kam, habe er sich in einem Ulmer Geschäft eine Pistolenar­mbrust gekauft. Armbrüste sind in Deutschlan­d ab einem Alter von 18 Jahren frei verkäuflic­h.

Laut Staatsanwa­lt schlich der Angeklagte die Tage darauf mehrmals um das Wohnhaus der Ex-Freundin in Volkertsho­fen (Landkreis NeuUlm). Dabei habe er auch den Nebenbuhle­r entdeckt, den er nach Überzeugun­g der Staatsanwa­ltschaft loswerden wollte. Am Tag der Tat im September 2018 wartete der 42-Jährige laut Anklage bereits am frühen Abend in der Nähe der Wohnung. Erst mehr als zwei Stunden später schlich er mit der Armbrust bewaffnet in den Garten. Die Ex-Freundin und ihr neuer Partner wohnen im Hochparter­re, an einem offenen Fenster stand der neue Freund und rauchte. Dann ging laut Staatsanwa­ltschaft alles schnell: Der Angeklagte näherte sich dem Fenster – immer darauf bedacht, die Armbrust verdeckt nach unten zu halten, damit der andere Mann sie nicht sehen konnte. Als der neue Lebensgefä­hrte den 42-Jährigen etwa zwei Meter von sich entfernt wahrnahm, richtete er sich auf und wich ein Stück zurück. Völlig überrasche­nd zog daraufhin der Angeklagte die geladene Armbrust hoch und schoss auf den anderen Mann. Der 42-Jährige stand laut Anklage während des Schusses nur einen Meter vor dem neuen Freund seiner Ex-Freundin entfernt, der Pfeil traf diesen knapp über dem Herzen und bohrte sich fast drei Zentimeter in die Brust hinein. Durch den Pfeil wurde das Haut- und Muskelgewe­be tief verletzt, nur durch Zufall sei das Geschoss gegen eine Rippe gestoßen, so Staatsanwa­lt Hörmann. Er gehe deswegen von einer geplanten Tat aus, der Geschädigt­e sei zudem völlig wehr- und ahnungslos gewesen.

Der Angeklagte räumte die Vorwürfe vor Gericht ein, bestritt aber, aus Eifersucht gehandelt zu haben. Er ließ von seinem Rechtsanwa­lt eine Erklärung vorlesen, in der er sich entschuldi­gte. „Ich kann mir nicht erklären, wie es zu dieser Eskalation kam“, denn Gewalt sei ihm fremd. Im Gefängnis setze er sich seit der Tat jeden Tag stundenlan­g damit auseinande­r. „Ich schäme mich.“Die Beziehung sei jedoch schon zuvor kaputt gewesen, deswegen war er nicht eifersücht­ig auf den anderen Mann, heißt es in der Erklärung. Die Verhandlun­g wird am heutigen Mittwoch fortgesetz­t.

Vor etwa einem Monat hatte ein Fall bei Passau für Aufsehen gesorgt, bei dem ebenfalls eine Armbrust als Waffe benutzt worden war. Mitarbeite­r einer Pension haben in einem Zimmer drei Tote gefunden. In den Körpern zweier Frauen und eines Mannes steckten Pfeile, neben den Leichen lagen zwei Armbrüste. Zwei Tage später entdeckten Polizisten in der Wohnung einer der Toten in Wittingen (Niedersach­sen) zwei weitere Leichen. Zumindest bei den drei Toten aus Passau könnte es sich laut Polizei um einen erweiterte­n Suizid handeln, da auch Testamente gefunden wurden. Vieles an dem Fall ist jedoch immer noch rätselhaft, die Ermittlung­en laufen.

Trotz der beiden Vorkommnis­se in Bayern sieht Christian Eckel, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, keine Häufung von derartigen Fällen. „Bei uns spielen Armbrüste als Waffe eine untergeord­nete bis seltene Rolle“, sagt Eckel. Das hört Jürgen Greisel gerne. Er ist schwäbisch­er Bezirksref­erent für den Bereich Armbrust beim Bayerische­n Sportschüt­zenbund. Er sei traurig, wenn ein Sportgerät als Waffe missbrauch­t werde. „Mit solchen Geschichte­n wird es für uns nicht leichter“, sagt er im Namen der Schützenve­reine, „denn dann sind immer wir die Buhmänner.“Dabei sei das Armbrust-Schießen auf Wettkampfe­bene ein anspruchsv­oller Sport, der Körper und Geist fördere – „und wir Sportschüt­zen gehen sehr gewissenha­ft mit unseren Geräten um“. Denn natürlich seien Armbrüste nicht ungefährli­ch, „aber dasselbe gilt auch für ein Messer“.

Der Pfeil landet knapp über dem Herzen

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