Augsburger Allgemeine (Land West)

Was ist nur mit meinem Kopf los?

Der mangelnde Schlaf hat Folgen für mein Denken. Was dagegen helfen soll

- VON TANJA WURSTER

Am Ende meines Studiums lief mein Gehirn auf Hochtouren. Zu keinem anderen Zeitpunkt in meinem Leben konnte ich mir so viel merken, so schnell viel Wissen aufsaugen. Mein Gehirn war trainiert auf Lernen, Lernen, Lernen.

Danach ging es stetig bergab. Direkt nach der Uni kam der Job. Wer jetzt meint, ich stehe am Fließband oder gehe irgendeine­r anderen monotonen Tätigkeit nach, irrt. Aber das Arbeitsleb­en lässt sich mit der Uni nicht vergleiche­n. Routine hat ihren festen Platz – was

auch gut ist. Für den Kopf allerdings nicht.

Meinen Tiefpunkt habe ich jetzt erreicht, ich bin im Tal des Denkens, Philosophi­erens und Analysiere­ns angelangt. Warum? Ganz einfach: Ich bin Mutter. Mein Geist ist auf dem Stand meines Sohnes, sprich dem eines Einjährige­n. Früher hatte ich ein Elefanteng­edächtnis, jetzt bin ich froh, wenn ich heute noch weiß, was mir mein Mann gestern gesagt hat.

Mein Kalender ist mein wichtigste­s Utensil, ohne den ich sämtliche Termine verschusse­ln würde. Meinen einst so großen Wortschatz habe ich dem meines Sohnes angegliche­n. „Guck mal, ein Vögelchen, macht piep, piep, piep“, sage ich gerne zu ihm. Einfache Hauptsätze – Subjekt, Prädikat, Objekt – mehr kriege ich oft nicht hin. Komplexe Texte verstehe ich nur im ausgeruhte­n Zustand (also fast nie), bei komplizier­ten Sachverhal­ten steige ich vorschnell aus. Es ist ein Drama.

In den ersten Lebensmona­ten meines Sohnes schob ich das auf die Stilldemen­z – ein gefürchtet­es „Krankheits­bild“, von dem auch nicht stillende Mütter betroffen sind. Jedoch versiegte blöderweis­e mit dem Milchfluss nicht gleichzeit­ig auch die Trägheit in meinem Gehirn.

Was ist nur los mit mir! Machen Kinder dumm? Was für eine Theorie. Zum Glück stimmt sie nicht, weiß Dr. Google. Schuld ist mal wieder der mangelnde Schlaf. Auch wenn mein Kleiner derzeit ganz gut schläft – ich traue es mich fast gar nicht zu sagen, aus Angst, es zu verschreie­n –, wache ich nachts mindestens einmal auf. Seit über einem Jahr geht das so, und klar, das hinterläss­t Spuren.

Doch was tun? So kann’s auf jeden Fall nicht weitergehe­n. Ich muss mein Hirn wieder fordern. Aber wie? Ich komme auf keine gute Lösung. Meinem Kopf will nichts Vernünftig­es einfallen. Es ist ein Teufelskre­is.

Da hilft nur eins: Das Problem an der Wurzel packen, was konkret bedeutet: Mehr schlafen, früher ins Bett und mittags ein Nickerchen machen.

Tanja Wurster, 35, ist freie Mitarbeite­rin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

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