Augsburger Allgemeine (Land West)
Was ist nur mit meinem Kopf los?
Der mangelnde Schlaf hat Folgen für mein Denken. Was dagegen helfen soll
Am Ende meines Studiums lief mein Gehirn auf Hochtouren. Zu keinem anderen Zeitpunkt in meinem Leben konnte ich mir so viel merken, so schnell viel Wissen aufsaugen. Mein Gehirn war trainiert auf Lernen, Lernen, Lernen.
Danach ging es stetig bergab. Direkt nach der Uni kam der Job. Wer jetzt meint, ich stehe am Fließband oder gehe irgendeiner anderen monotonen Tätigkeit nach, irrt. Aber das Arbeitsleben lässt sich mit der Uni nicht vergleichen. Routine hat ihren festen Platz – was
auch gut ist. Für den Kopf allerdings nicht.
Meinen Tiefpunkt habe ich jetzt erreicht, ich bin im Tal des Denkens, Philosophierens und Analysierens angelangt. Warum? Ganz einfach: Ich bin Mutter. Mein Geist ist auf dem Stand meines Sohnes, sprich dem eines Einjährigen. Früher hatte ich ein Elefantengedächtnis, jetzt bin ich froh, wenn ich heute noch weiß, was mir mein Mann gestern gesagt hat.
Mein Kalender ist mein wichtigstes Utensil, ohne den ich sämtliche Termine verschusseln würde. Meinen einst so großen Wortschatz habe ich dem meines Sohnes angeglichen. „Guck mal, ein Vögelchen, macht piep, piep, piep“, sage ich gerne zu ihm. Einfache Hauptsätze – Subjekt, Prädikat, Objekt – mehr kriege ich oft nicht hin. Komplexe Texte verstehe ich nur im ausgeruhten Zustand (also fast nie), bei komplizierten Sachverhalten steige ich vorschnell aus. Es ist ein Drama.
In den ersten Lebensmonaten meines Sohnes schob ich das auf die Stilldemenz – ein gefürchtetes „Krankheitsbild“, von dem auch nicht stillende Mütter betroffen sind. Jedoch versiegte blöderweise mit dem Milchfluss nicht gleichzeitig auch die Trägheit in meinem Gehirn.
Was ist nur los mit mir! Machen Kinder dumm? Was für eine Theorie. Zum Glück stimmt sie nicht, weiß Dr. Google. Schuld ist mal wieder der mangelnde Schlaf. Auch wenn mein Kleiner derzeit ganz gut schläft – ich traue es mich fast gar nicht zu sagen, aus Angst, es zu verschreien –, wache ich nachts mindestens einmal auf. Seit über einem Jahr geht das so, und klar, das hinterlässt Spuren.
Doch was tun? So kann’s auf jeden Fall nicht weitergehen. Ich muss mein Hirn wieder fordern. Aber wie? Ich komme auf keine gute Lösung. Meinem Kopf will nichts Vernünftiges einfallen. Es ist ein Teufelskreis.
Da hilft nur eins: Das Problem an der Wurzel packen, was konkret bedeutet: Mehr schlafen, früher ins Bett und mittags ein Nickerchen machen.
Tanja Wurster, 35, ist freie Mitarbeiterin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.