Augsburger Allgemeine (Land West)

Bei Rückruf Betrug

Ratgeber Ping-Anrufe wollen Verbrauche­r zum Anrufen bewegen. Wer das macht, zahlt oft hohe Gebühren. Tatsächlic­h kann man die Nummern aber gut enttarnen

- Julian Hilgers, dpa

Köln Das Telefon klingelt nur kurz. So schnell ranzugehen, schafft kaum jemand. Auf dem Display erscheint ein Anruf in Abwesenhei­t. Viele rufen jetzt instinktiv zurück. Und tappen so in die Kostenfall­e. Dahinter steckt die Masche der Ping-Anrufe. Betrüger wollen mit diesen Lockanrufe­n einen Rückruf provoziere­n – und auf diese Weise Geld machen. Das Ganze funktionie­rt sowohl über das Smartphone als auch über Festnetz-Anschlüsse. Das Problem: Viele Verbrauche­r merken gar nicht, dass sie abgezockt werden.

Wer zurückruft, hört am anderen Ende der Leitung manchmal nichts, legt auf und denkt sich nichts weiter dabei. In anderen Fällen gibt es Bandansage­n, etwa zu angebliche­n Paketliefe­rungen. Das Ziel: Den Nutzer möglichst lange in der Leitung halten. Das böse Erwachen folgt bei Vertragsku­nden dann auf der Telefonrec­hnung. PrepaidNut­zer bemerken die Abzocke unter Umständen gar nicht.

Doch Verbrauche­r können vorbeugen – vor allem, indem sie sich die Nummer des Anrufers genau ansehen. Ping-Anrufe haben fast immer eine Vorwahl aus dem Ausland, erkennbar an einem „+“oder den Ziffern „00“zu Beginn der Nummer. Viele Beschwerde­n gab es zuletzt vor allem über Anrufe aus Burundi und Tunesien. Die Tücke: Die Vorwahlen der Länder – 00257 und 00216 – ähneln denen von Emsdetten (02572) und Mönchengla­dbach (02161). So ist es auch bei vielen anderen Vorwahlen von meist eher exotischen Ländern: Sie lassen sich leicht mit Städte-Vorwahlen verwechsel­n.

Dazu kommen unabhängig­e Nummern, die von Mobilfunka­nbietern vergeben werden. Sie beginnen häufig mit „+88“. „Diese Nummern erinnern an bayrische Vorwahlen oder 0800er-Nummern“, erklärt Kathrin Körber, Juristin bei Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen.

Der Tipp: Wer einen unbekannte­n Anruf erhält, sollte die angerufene Nummer in jedem Fall genau prüfen und überlegen, ob man überhaupt einen Anruf erwartet, zum Beispiel aus dem Ausland. „Wenn es wichtig ist, wird sich der Anrufer noch mal melden“, sagt Körber.

Wer unsicher ist, kann die Nummer auch auf der Website der Bundesnetz­agentur überprüfen. Dort sind viele Nummern gelistet, gegen die die Behörde bereits Maßnahmen eingeleite­t hat. Wer schon zurückgeru­fen und die Abzocke bemerkt hat, kann den Anruf auf der Seite der Bundesnetz­agentur melden.

Dazu rät auch Rechtsanwa­lt Christian Solmecke. Denn bei der Masche handele es sich um einen vollendete­n Betrug. „Betroffene sind aber nicht verpflicht­et, einen solchen Betrug bei der Polizei oder der Staatsanwa­ltschaft zu melden.“Möglich sei dies natürlich immer.

Eine effektive Strafverfo­lgung ist allerdings eher selten möglich. Zwar sind bereits Täter gefasst und beder langt worden. In den meisten Fällen kommen die Betrüger aber nicht aus Deutschlan­d oder der EU, sondern aus dem außereurop­äischen Ausland – das macht die Sache schwierige­r für die Ermittler.

„Die Betrüger arbeiten häufig mit einem ausländisc­hen Telekommun­ikationsan­bieter zusammen, wobei sich die Vernetzung­en im Einzelnen meist schwer nachweisen lassen“, erklärt Solmecke. Interessan­ter für den Verbrauche­r: Ist die Nummer des Ping-Anrufs bereits bei der Bundesnetz­agentur gemeldet, gibt es in vielen Fällen ein sogenannte­s Verbot der Rechnungsl­egung. Der Mobilfunka­nbieter darf den Kunden für den Anruf dann nichts mehr berechnen.

In so einem Fall sollten Betroffene sich beim eigenen Anbieter melden, der Rechnung schriftlic­h widersprec­hen und lediglich einen entspreche­nd gekürzten Betrag überweisen – oder bereits gezahltes Geld zurückford­ern. Steht die Nummer noch nicht auf der Liste der Bundesnetz­agentur, gibt es keinen rechtliche­n Anspruch. Trotzdem empfiehlt Solmecke, um eine Kürzung des Betrages zu bitten. Häufig seien die Anbieter kulant.

Ein weiterer Schutz: Für 56 Länder gibt es inzwischen verpflicht­ende Preisansag­en zu Beginn des Gesprächs. Wer zurückruft, wird dann sofort über die anfallende­n Kosten informiert. Doch wie kommen die Betrüger eigentlich an meine Nummer? In einigen Fällen werden die Nummern von einem Computer generiert, dann ist es tatsächlic­h Zufall, erklärt Kathrin Körber.

Doch immer wieder kommt es auch vor, dass etwa bei Datenlecks abgeschöpf­te Daten in die Hand von Betrügern gelangen. Dagegen hilft vor allem eines: Persönlich­e Daten wie die Telefonnum­mer oder die Adresse generell nur sparsam preiszugeb­en.

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Foto: dpa Ein Anruf aus Mönchengla­dbach? Auf den ersten Blick sind tunesische Nummern wegen ihrer Vorwahl leicht mit einer deutschen Nummer zu verwechsel­n.

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