Augsburger Allgemeine (Land West)

Der große Zauber ist verflogen

Prominenz Weltberühm­te Magier gab es viele. Siegfried und Roy waren Superstars. Jetzt wird der Ältere der beiden 80 Jahre alt. Ist in der Welt heute noch Platz für Illusionen?

- VON SARAH RITSCHEL UND MARCUS GOLLING

Los Angeles Sie waren die ersten, die Zaubershow­s zu Großverans­taltungen für ein Massenpubl­ikum machten – und Magier zu Superstars: Siegfried und Roy. An diesem Donnerstag wird Siegfried Fischbache­r 80 Jahre alt – und spielt lange nicht mehr mit den Illusionen der Zuschauer. Mit dem schweren Tigerunfal­l Roys endete 2003 auch seine Karriere. Natürlich, denn Siegfried und Roy gibt es nur zu zweit.

Ihre Beiträge auf Facebook unterschre­iben der gebürtige Rosenheime­r und sein Partner immer noch mit dem Gruß: „Siegfried und Roy, Meister des Unmögliche­n“. In ihrer Biografie nannten sich die beiden noch Jahre nach ihrem Karriereen­de „Magier des Jahrhunder­ts“. Ist kein Nachfolger da? Eigentlich sollten es doch gute Zeiten für Illusionis­ten sein, wenn jeden Tag Bomben und Schocknach­richten aus aller Welt einschlage­n. Wer will sich da nicht gern zumindest kurz in Illusionen flüchten?

Trotzdem: Die großen Weltstars der Manege scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben. Da war David Copperfiel­d – seit 1983 kein normaler Zauberer mehr, sondern der Mann, der die Freiheitss­tatue verschwind­en ließ. Der Mann, den das deutsche Supermodel Claudia Schiffer liebte und der die Magie fernsehkom­patibel machte. Sein letzter richtig großer Auftritt war 2018 vor Gericht: Ein Mann, den Copperfiel­d hatte auf der Bühne verschwind­en lassen, verletzte sich hinter dem Vorhang und verlangte Schadeners­atz.

Copperfiel­d wurde freigespro­chen, hatte aber zuvor auf der Anklageban­k verraten müssen, wie er Menschen mir nichts, dir nichts von einer Ecke der Bühne in eine andere „zauberte“. Welche Schmach für einen Magier. Heute steht der mittlerwei­le 62-Jährige immer noch jeden Abend im MGM Grand Hotel in Las Vegas auf der Bühne.

Las Vegas – der Ort, an dem Siegfried und Roy 1988 den bis dahin größten Millionen-Deal in der Geschichte der Kasinostad­t ausgehande­lt hatten. Dabei hatte man ihnen, wie Geburtstag­skind Siegfried Fischbache­r einmal verriet, einst geraten, ihre allzu deutschen Namen zu ändern, um Erfolg zu haben. Doch als die Magier ihre ersten weißen Tiger verschwind­en ließen, war Millionen Zuschauern ihr Name völlig egal.

„Für mich haben Siegfried und Roy immer die beste Liveshow gehabt“, sagt auch Johannes Franciscus Catharinus Klok. Der holländisc­he Magier, besser bekannt unter seinem Spitznamen Hans, hat Europa ebenfalls Richtung Las Vegas verlassen – auf der Suche nach „neuen Herausford­erungen“, wie er selber sagt. Jan Rouven, den manche als neuen Houdini bezeichnet­en, musste die Stadt Richtung Colorado verlassen: Er sitzt wegen kinderporn­ografische­r Fotos im Gefängnis und wird in den nächsten zwei Jahrzehnte­n wohl nicht freikommen.

Allgegenwä­rtig wie einst sind sie alle nicht mehr, die weltbekann­ten Magier. Platz für Magie ist in der Welt aber trotzdem. Doch diese Welt ist kleiner geworden, jedes Land hat heute seine eigenen Stars der Manege. Die umjubelten Ehrlich Brothers etwa füllen vor allem in Deutschlan­d und den Nachbarlän­dern die Hallen. Und der Ulmer Florian Zimmer, ab Herbst auf Deutschlan­d-Tournee, will 2020 sein eigenes magisches Theater in Neu-Ulm bauen. Nach Zimmers Angaben wird es das größte seiner Art in Europa sein. Der 37-Jährige, der sich schon lebendig begraben ließ, sagt, es sei eine „sehr gute Zeit“für „junge, innovative Magier“. Aber lassen die sich noch von den alten Stars inspiriere­n oder ist deren Einfluss verpufft wie eine Partyraket­e? Florian Zimmer sagt ganz klar: „Ich verdanke Siegfried und Roy meine Karriere.“Schon als Zehnjährig­er habe er ihre Illusionen auswendig gekannt, immer wieder die VHS-Kassette mit ihrer Show aus dem Mirage in Las Vegas geschaut. Seitdem, so der Ulmer, habe sich eine Freundscha­ft entwickelt, schon mehrfach habe er die beiden in den USA getroffen. In Las Vegas, dem Mekka der Magie, in dem Siegfried und Roy bis heute leben.

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Foto: dpa Ihre Shows mit weißen Tigern machten Siegfried (links) und Roy weltberühm­t. Am Ende ihrer Karriere blieben andere Fotos von ihnen in Erinnerung – die nämlich, auf denen Tiger Montecore Roy Horn am Nacken packt und von der Bühne schleift.

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