Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Tor übertüncht die Schwächen

Fußball Die deutsche Frauen-Nationalma­nnschaft müht sich zu einem 1:0-Sieg gegen Spanien. Damit ist das Erreichen des Achtelfina­les so gut wie sicher. Für alles andere ist eine Steigerung nötig

- VON FRANK HELLMANN

Valencienn­es Vielleicht ist der Kleiderwec­hsel von Martina VossTeckle­nburg am besten geeignet, um diesen Abend im nordfranzö­sischen Valencienn­es für die deutsche Frauen-Nationalma­nnschaft zusammenzu­fassen. Einmal in der Regenjacke, dann später im Blazer bewegte sich die Bundestrai­nerin mit ihren patschnass­en Haaren im Stade du Hainaut an der Seitenlini­e. Regen und Sonne bildeten die passenden Begleitums­tände des zweiten WMGruppens­piels, das die DFB-Frauen gegen Spanien letztlich glücklich, aber nicht völlig unverdient mit 1:0 (1:0) gewannen.

„Wir sind an unsere Grenzen gegangen“, konstatier­te Voss-Tecklenbur­g. „Wir wissen auch, dass wir besser Fußball spielen können, aber diese sechs Punkte nimmt uns keiner mehr.“Die 51-Jährige schob den teils sehr unrunden deutschen Auftritt auf den Druck, der auf den Spielerinn­en gelastet hätte. „Das sind Erfahrungs­werte. Wir haben jetzt selber alles auf den Füßen, um uns durchzuset­zen.“

Das Tor von Sara Däbritz (43.) übertüncht­e einige Schwächen auf Seiten des Olympiasie­gers. Was die Matchwinne­rin bestätigte, die nach einem abgewehrte­n Kopfball von Kapitänin Alexandra Popp die Kugel über die Linie gegrätscht hatte. „Fußballeri­sch war das bestimmt nicht das Beste, aber eine absolute Willenslei­stung mit hoher Laufund Kampfberei­tschaft. Wir haben alles gegeben.“

Auch Voss-Tecklenbur­g weiß nur zu gut, dass der Minimalist­enModus gegen zielstrebi­gere Gegner in der K.-o.-Phase kaum reichen wird, gab aber zu bedenken, „dass andere Teams hier einen leichteren Einstieg ins Turnier hatten“. Titelverte­idiger USA und Gastgeber Frankreich ganz gewiss.

Deutschlan­d ist der Achtelfina­lEinzug bereits jetzt nur noch theoretisc­h zu nehmen, in der letzten Partie gegen Südafrika (Montag 18 Uhr/ARD) soll ein Haken an den Gruppensie­g gemacht werden. Die Bundestrai­nerin hatte Verena Schweers, Lena Sophie Oberdorf und Lena Goeßling für Carolin Simon, Melanie Leupolz und die verletzte Dzsenifer Marozsan in die Startelf beordert. Doch ohne den fußballeri­schen Fixpunkt missriet der Mannschaft anfangs fast alles.

Der Gegner zeigte sich handlungss­chneller, gewann fast alle wichtigen Zweikämpfe und beeindruck­te mit einer durchdacht­en Spielanlag­e. Teilweise hinterließ die deutsche Elf einen fast hilflosen Eindruck. Nahikari Garcia verzog freistehen­d, als die ansonsten viel Sicherheit ausstrahle­nde Torhüterin Almuth Schult mit dem Herauslauf­en zögerte (14.). „Wir haben andere Ansprüche an uns. Kein schönes Spiel, aber wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen, werden wir Weltmeiste­r“, sagte die nicht berücksich­tigte Leupolz hinterher.

Schwachpun­kte bei den DFBFrauen gab es reichlich: Die Außenverte­idigerinne­n Kathrin Hendrich und Schweers wirkten überforder­t, Leupolz-Vertreteri­n Goeßling im Mittelfeld zu langsam und selbst Kapitänin Popp fand im Sturm nicht ins Spiel. Immer wieder gestikulie­rte Voss-Tecklenbur­g an der Linie und zog früh die erst 17-jährige Oberdorf ins Zentrum, um den spanischen Spielfluss zu unterbrech­en. Gerade solche Umstellung­en belobigte die Trainerin später: „Die Spielerinn­en haben das großartig umgesetzt.“

Sie hatte zur Halbzeit auf die schläfrige Vorstellun­g von Hendrich mit der Einwechslu­ng der auch erst 18-jährigen Stürmerin Klara Bühl reagiert, für die Huth und Giulia Gwinn jeweils eine Position nach hinten rotierten. Die Chefin stellt eben hohe Anforderun­gen an die Flexibilit­ät. Es war bisweilen jedenfalls merkwürdig still unter den vielen deutschen Anhängern unter den 20761 Zuschauern, die den kurzen Weg über die belgische Grenze gefunden hatten.

In der zweiten Hälfte vertrieben die Besucher eine gewisse Langeweile oft damit, eine Welle durch die Spielstätt­e des französisc­hen Zweitligis­ten FC Valencienn­es zu schicken. Dass später auch Popp noch wie beim VfL Wolfsburg das defensive Mittelfeld verdichtet­e, verdeutlic­hte den deutschen Fokus gegen die zu wenig zwingenden Spanierinn­en: das Ergebnis über die Zeit bringen.

Nun steht für den DFB-Tross wieder ein Umzug an. Am Donnerstag geht es mit dem Flugzeug von Lille nach Montpellie­r, um die fast 1000 Kilometer in Nord-Süd-Richtung zu überbrücke­n. Kommenden Montag steht dann an der Mittelmeer­küste die Partie gegen Südafrika an.

Voss-Tecklenbur­g betonte, dass es keinen Anlass gebe, den dritten Gruppengeg­ner gering zu schätzen: „Wir müssen Südafrika besiegen und dafür wieder alles aufbieten. Das wird kein Selbstläuf­er.“

Notfalls langt ja wieder ein 1:0.

 ?? Foto: Sebastian Gollnow, dpa ?? Der entscheide­nde Moment: Sara Däbritz (rechts) reagiert am schnellste­n und befördert den Ball ins Tor der Spanierinn­en.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa Der entscheide­nde Moment: Sara Däbritz (rechts) reagiert am schnellste­n und befördert den Ball ins Tor der Spanierinn­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany