Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Kultkneipe verabschiedet sich
Musikszene Musiker und Stammgäste nennen das „Bombig“ihr Wohnzimmer. In den vergangenen zehn Jahren gab es dort etwa 500 Livekonzerte. Und viele Bands gäbe es gar nicht ohne das Engagement der Verantwortlichen
Im Kulturpark West, auf dem Gelände der einstigen Reese-Kaserne hat inzwischen so gut wie alles dichtgemacht. Das Reese-Theater wurde kürzlich geschlossen, die Musikkantine ist dort seit März Geschichte und die Künstler und Musiker sind auch bald alle weg. Einzig die Kradhalle ist noch bis Ende Juli bei Veranstaltungen geöffnet und ein Unikum der ganz besonderen Art gibt es dort auch noch: das Bombig. Insider kennen und lieben es.
Der richtige Name lautet: Bombig Bar & Garage. Es war einst zu Zeiten des Kasernenbetriebs eine Kfz-Werkstatt, daher der Name. Die beliebte Kultkneipe feierte kürzlich ihr zehnjähriges Jubiläum – es ist ein Ort, an dem Augsburger Welten im „Wohnzimmer“Bombig aufeinandertreffen.
In diesem Wohnzimmer, wie sie es selbst nennen, gab es in den vergangenen zehn Jahren rund 500 Livekonzerte mit überwiegend Augsburger Bands, aber auch internationalen Gruppen aus England, USA, Australien, Argentinien und Kanada. Die kürzeste Anreise hat natürlich Freewheelin’ Franklin, die Band von Thomas Lindner, mit gerade mal 160 Meter über den Hof. Die weiteste Strecke legten dagegen The Balls zurück, eine StonerPunkrock-Band aus Melbourne, Australien, mit 16000 Kilometer Die Musik ist eine Mischung aus Metal, Poprock, Punkrock, Blues, Rockabilly und Rock. Es wird das „Home of Blues & Rock ’n’ Roll“genannt, und für den Betrieb wurde der Verein für Bikerkultur Augsburg und Umgebung gegründet. Das Inventar reicht von einer alten Zapfsäule über Palmen, Drucke des US-Szenemalers David Mann, einen selbst geschnitzten Tiki bis zu einem Torpedo und vielen kleinen Dingen, die an die amerikanische Zeit in Augsburg erinnern.
Ob Motorradfahrer, Rocker, Biergartenliebhaber, Musiker anderer Stilrichtungen, die freie Szene, Whiskeykenner, amerikanische Freunde oder die Augsburger USVeteranen – sie alle kommen immer wieder gerne an diesen einzigartigen Ort. Gerade die US-Veteranen lieben diese Kneipe, weil sie noch ein ursprünglicher Ort aus der Kasernenzeit ist. Netzwerker und Musikschulleiter Klaus Wüstner hat sich das Bombig zum regelmäßigen Musiker-Austausch ausgesucht, denn seine Facebook-Gruppe zählt inzwischen über 3000 Mitglieder. Wüstner ist es wichtig, dass Musikschaffende in Augsburg sich vernetzen und austauschen. Damit rannte er bei Thomas Lindner, Bombig-Inhaber und einer der Chefs des Kulturparks West, offene Türen ein.
Doch Ende Juli ist Schluss und die Abrissbirne wird kommen. Thomas Linder hat aber schon einen Plan, wie es weitergeht – besser gesagt zwei Pläne. Das Bombig wird es wieder geben, samt dem kultigen und originellen Inventar, und es wird sich verdoppeln: Einmal auf dem ehemaligen Baywa-Gelände beim Gaswerk, wo die Bombig Bar & Garage wieder aufleben wird. Und einmal in Seenähe in Friedberg, wo es das Bombig Lake Side geben wird. „Dort wird es etwas ähnliches wie die Kradhalle geben, da es ein ehemaliges Kegelzentrum ist“, sagt Lindner. Ihm geht es jedoch nicht darum, einfach Kneipen zu eröffLuftlinie. nen. Nein, das war und ist nicht seine Mission: „Es geht darum, eine Bühne zu bieten, wo man was machen kann. Es sollen NewcomerBands auftreten können, aber auch internationale Bands. Das befruchtet und beseelt.“
Bands haben Thomas Lindner und Peter Bommas in ihrer gemeinnützigen Kulturpark West GmbH viele Jahre unterstützt. Das Interesse an den Übungsräumen, die dort vom Kuki-Musikkultur-Verein vermietet wurden, war von jeher groß. John Garner und die Progressive-Metal-Band Dante sind zwei bekannte Kuki-Gewächse. Lindner weiß, was Musiker brauchen – einen Ort, an dem sie 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche sein können, Strom und Toiletten haben und in angemessener Lautstärke üben dürfen.
Linder und Bommas werden auch künftig an verschiedenen Stellen solche Übungsräume bieten – unter anderem in der Ballonfabrik, der Direktion in der August-WesselsStraße, der Derchinger Straße, dem ehemaligen Baywa-Gelände. „Neu wird nach der Ära Kulturpark sein, dass man nicht mehr alle räumlich beisammen hat. Die neue Aufgabe wird daher sein, die Angebote allen zugänglich zu machen und die Musiker zusammenzubringen“, so Lindner.
Noch ist nicht alles vorbei: Bis Ende Juli bietet sich dienstags, donnerstags und freitags jeweils von 19 bis 2 Uhr, samstags bereits ab 18 Uhr die Gelegenheit, die Kultkneipe Bombig zu erleben. Bei schönem Wetter mit großem Lagerfeuer. Wer mag, bringt selbst Essen zum Grillen mit. Grill, Teller und Besteck stehen zur Verfügung.