Augsburger Allgemeine (Land West)
Spinner sollen Naturschützern auf den Leim gehen
Umwelt Der Eichenprozessionsspinner ist auch im Augsburger Land verbreitet. Viele probieren es jetzt mit Vorsorge. Naturschützer sehen dies kritisch und haben einen anderen Vorschlag. Und es sind schon neue Schädlinge im Anmarsch
Landkreis Augsburg Früher oder später erwischt es jede Gemeinde. Der Eichenprozessionsspinner ist ein Schädling und auch im Augsburger Land auf dem Vormarsch. Die Schmetterlingsart, deren Raupen auf Eichen leben und auffällige Gespinste bilden, hat sich in den letzten Jahren weit verbreitet. Das Problem: Die feinen Härchen der Raupen können beim Einatmen oder auf der Haut allergische Reaktionen auslösen. Deshalb haben einige Gemeinden heuer vorgesorgt und ihre Eichen mit einem Biozid behandeln lassen. So soll es erst gar nicht zu einem Befall kommen. Doch trotz erster Erfolge gibt es Proteste.
Beispiel Fischach: Besonders der Befall einiger Bäume im Naturfreibad wurde im letzten Jahr viel diskutiert. Die Gemeinde behandelt daher heuer gefährdete Bäume im „wohngebietsnahen Bereich“mit einem Biozid. Besonders wichtig sind laut Bürgermeister Peter Ziegelmeier die Bäume im Freibad, aber auch solche in der Nähe von Schulen und Kindergärten.
Das Mittel soll weder Bienen noch andere Nutztiere angreifen, im Idealfall aber dafür sorgen, dass sich der Eichenprozessionsspinner nicht im Baum verpuppen kann. Das Problem: „Eine Garantie gibt es nicht“, betont Ziegelmeier. Die Wirkung des Biozids sei unter anderem wetterabhängig. „Aufgrund der Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr wollen wir es trotzdem probieren“, sagt der Bürgermeister. Auch die Nachbargemeinde Kutzenhausen hat sich für die Vorsorge entschieden. Der Homepage ist zu entnehmen, dass hier dasselbe Biozid zum Einsatz kommt.
Ebenfalls ein Thema ist der Eichenprozessionsspinner heuer auch wieder in Meitingen. Vor etwa drei Jahren war der Markt eine der ersten Gemeinden im Landkreis, in der der Schädling festgestellt wurde. Zur Vorsorge hat Meitingen dieses Jahr über 60 Eichen besprühen lassen. Insgesamt waren im vergangenen Jahr zwischen 80 und 100 Bäume betroffen.
Johannes Enzler vom Bund Naturschutz hat den Eindruck, dass im Zusammenhang mit dem Spinner eine „gewisse Hysterie“ausgebrochen sei. „Aus Naturschutz-Perspektive sehen wir das Ausbringen eines Biozids ohne Indikatoren von Befall durchaus als kritisch“, betont er. Die Hersteller würden zwar immer betonen, dass das Biozid sehr spezifisch angelegt sei, Enzler erklärt aber: „Das Bacillus-Präparat greift sicherlich auch andere Organismen oder Raupen an den Eichen an.“
Vielleicht muss es nicht unbedingt die „chemische Keule“sein, wie Thomas Miehler vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten sagt. Er hat eine andere Idee: Mit Leimringen könnte man die Raupen während der Prozession abfangen und so verhindern, dass sich die gefährliche dritte Generation ausbildet. Die Gelege des Falters seien recht einfach am Baum zu finden, „wenn man rechtzeitig nachschaut“, erklärt Miehler. Der Schädling legt seine Eier in den Ästen ab, damit es die Raupen der ersten beiden Generationen nicht weit zu den Blättern haben. Erst wenn es wärmer wird, „prozessiert“der Nachwuchs immer weiter ins Innere des Baumes. Wenn er auf diesem Weg an einem Leimring hängen bleibt, könne sich die gefährliche dritte Generation nicht entwickeln.
In diesem Jahr sei es für derartige Maßnahmen allerdings zu spät. „Man muss schon im Frühjahr aktiv werden“, betont Miehler. Alles in allem bezeichnet er seinen Vorschlag als „günstige und praktische Möglichkeit“, den Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen. Natürlich sei das Verfahren aufwendig, weiß auch Miehler, er betont aber: „Der Bauhof jeder Gemeinde muss seine Eichen mittlerweile sowieso im Blick haben.“Er hat sogar einen Vortrag zu dem Thema ausgearbeitet.
Achim Zwick, den Leiter des Ordnungsamts in Meitingen, beschäftigen allerdings nicht nur seine Eichen. Ihm mache „die Gesamtheit der Ökologie“Sorgen, betont er und bringt Beispiele: Seit diesem Jahr sei auch der Goldafter in Meitingen angekommen, ein weiterer Falter, dessen Raupen ebenfalls Brennhaare haben und einen Baum in kurzer Zeit komplett kahl fressen können. Zwick erwähnt auch das Eschentriebsterben am Lechufer, den Buchsbaumzünsler und die Miniermotte. Kürzlich habe er außerdem die Info erhalten, dass ein neuer Pilz Ahornbäume angreift.
Alles in allem betont Zwick: „Wir wissen gar nicht mehr, was wir noch pflanzen sollen.“Trotzdem kann er mit der Forderung, gefährdete Bäume zu fällen, nichts anfangen: „Lieber betreibe ich zwei Monate Aufwand und habe dann den Rest des Jahres Freude an einem Baum, als ihn wegen eines Schädlings komplett zu entfernen.“Dabei denkt der Meitinger vor allem an den Schlosspark, der im Sommer so etwas wie der „kleine englische Garten“der Gemeinde sei.
Gefährlich wird die dritte Generation