Augsburger Allgemeine (Land West)

„Ein Cent für eine Tüte ist lächerlich“

Plastik Aldi verlangt Geld für Obstbeutel. Was Verbrauche­r und Verkäufer davon halten

- VON JULIAN KRAUS UND FELICITAS LACHMAYR

Landkreis Augsburg Ein Cent für eine Plastiktüt­e – dieser Vorschlag findet im Augsburger Land kaum Unterstütz­er. „Ich halte nichts von der Idee“, sagt Andreas Schmid, Inhaber von Edeka Schmid in Steppach. „Um wirklich etwas zu verändern, müsste man viel mehr verlangen.“Für ihn steckt hinter dem Vorschlag des Lebensmitt­eldiscount­ers Aldi „Symbolpoli­tik“.

Schmid selbst wolle seine Kunden nicht bevormunde­n. „Jeder soll selbst entscheide­n, ob er einen Plastikbeu­tel benutzen möchte oder nicht“, sagt Schmid. Alternativ­en gebe es genug. In seiner Filiale könnten Kunden eigene Tupperdose­n mitbringen, um sich an der Metzgerthe­ke Fleisch und Wurst einpacken zu lassen. Außerdem gebe es Mehrwegnet­ze zu kaufen, mit denen sich Obst und Gemüse plastikfre­i transporti­eren lässt.

Um Äpfel oder Tomaten in dünne Plastikbeu­tel zu packen, müssen Kunden bei Aldi künftig zahlen. Einen Cent will der Lebensmitt­eldiscount­er ab Sommer für den Knotenbeut­el verlangen und Kunden zum Umdenken bewegen. Damit sollen sie häufiger auf Plastik verzichten.

Im Naturladen von Lydia Beumüller in Meitingen gab es noch nie Plastiktüt­en. Die Idee, einen Cent dafür zu verlangen, überzeugt die Inhaberin nicht: „Das hat nichts mit Umweltschu­tz zu tun, sondern das ist ein Witz.“So schaffe man kein Bewusstsei­n, denn den Kunden sei ein Cent vollkommen egal.

Das bestätigen die Verbrauche­r selbst. „Ein Cent ist viel zu wenig, aber immerhin mal etwas“, sagt die 73-Jährige Betty Schüler. Fünf Cent sollten ihrer Meinung nach die dünnen Plastikbeu­tel mindestens kosten. Auch Alfred Zwiekopf findet: „Ein Cent ist lächerlich.“Es wäre etwas anderes, wenn das Geld wenigstens gespendet würde und der Discounter nicht noch Gewinn damit machen würde, findet der 63-Jährige. Petra Griechbaum findet es vollkommen gerechtfer­tigt, dass die dünnen Beutel etwas kosten sollen. „Das sollten alle Supermärkt­e machen. Ich würde auch mehr dafür zahlen“, sagt die 52-Jährige. Ganz auf die Tüten zu verzichten, fordert Verbrauche­rin Elisabeth Igel: „Ein Cent ist zwar ein Anfang, aber die Plastiktüt­en sollten ganz weg“, sagt die 80-jährige.

Davon ist auch Monika Heider, Vorsitzend­e des Meitinger Hausfrauen­bundes, überzeugt. „Ich würde die Tüten vollständi­g aus dem Supermarkt verbannen“, sagt sie. Verbrauche­r könnten Obst und Gemüse genauso gut im Jutebeutel oder Einkaufsko­rb transporti­eren. Einen Cent für die Tüten zu verlangen sei eine symbolisch­e Geste. Allein über den Geldbeutel würden die Verbrauche­r nicht umdenken. „Solange Supermärkt­e das ganze Plastik anbieten, wird sich nichts ändern“, sagt Heider. Industrie und Politik seien gefragt. „Wer braucht eine plastikver­packte Gurke? Das muss aufhören“, fordert die Vorsitzend­e des Meitinger Hausfrauen­bundes. Kunststoff verrotte nicht und hinterlass­e Schäden in der Umwelt.

Ähnlich sieht es Anja Dördelmann vom Verein Herzwerk Gemeinwohl. Beim Thema Plastik und Ressourcen­verbrauch fordert sie klare Regularien seitens der Politik und mehr Sensibilis­ierung an den Schulen. Den Vorstoß von Aldi, einen Cent für Obsttüten zu verlangen, bezeichnet Dördelmann als „Pseudoakti­on“, die dem Supermarkt Aufmerksam­keit bringt, der Umwelt aber wenig.

Auch auf politische­r Ebene kommt der Vorschlag nicht gut an. „Das ist eine reine Werbekampa­gne“, sagt Simone Linke, Kreissprec­herin der Grünen. Zwar sei der Gedanke, dass Plastik nicht umsonst ist, gut. Aber einen Cent könne sich jeder leisten. Verbrauche­r werden deshalb nicht auf die Plastikbeu­tel verzichten, glaubt Linke. Dafür brauche es andere Lösungen. So seien mehrfach verwendbar­e Papiertüte­n oder Baumwollta­schen deutlich nachhaltig­er.

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Foto: Marcel Kusch, dpa Bei Aldi gibt es Knotenbeut­el künftig nicht umsonst.

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