Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Region glänzt in der Landesauss­tellung

Kultur Im Museum der bayerische­n Geschichte in Regensburg werden „100 Schätze aus 1000 Jahren“gezeigt. Darunter ein Pestkarren, ein kostbarer Elfenbeinh­umpen und die schicke Jacke eines Räuberhaup­tmanns

- VON UTE KROGULL

Region Die Geschichte des Freistaate­s wird seit Juni im Museum der bayerische­n Geschichte in Regensburg präsentier­t. Passend dazu läuft seit Kurzem die Landesauss­tellung „100 Schätze aus 1000 Jahren“. Ein Streifzug durch die Schau zeigt: Die Region mit ihren kunstferti­gen Handwerker­n aus Augsburg und Friedberg, Berühmthei­ten wie Jakob Fugger und dem bayerische­n Hiasl ist glänzend vertreten. Hier eine (unvollstän­dige) Auswahl:

● Heiliger Benedikt, 1150 bis 1220, Stadtmuseu­m Aichach: Die HolzSkulpt­ur wurde vom Stadtmuseu­m Aichach 1912 als eines der ältesten Objekte seiner Sammlung erworben. In den Kaufunterl­agen ist ihre Herkunft aus der Kirche auf dem Petersberg bei Eisenhofen vermerkt. Dort wurde über dem Tal der Glonn eine Klosteranl­age errichtet. Die 1107/10 geweihte Kirche gibt es bis heute. Wegen der beengten Verhältnis­se und der unzureiche­nden Wasservers­orgung wurde das Kloster nach dem Abzug des Stifterges­chlechts nach Wittelsbac­h auf den Scheyerer Burgberg verlegt, der schließlic­h als Hauskloste­r der Wittelsbac­her eingericht­et wurde. Diese traten oftmals als Verehrer des heiligen Benedikt und Förderer seines Ordens auf.

● Jakob Fugger der Reiche Albrecht Dürer, um 1520, Tüchleinma­lerei/ Leinwandge­webe, Augsburg Staatsgale­rie (Katharinen­kirche): Jakob Fugger gilt als einer der bekanntest­en Augsburger. Er war vermutlich der erfolgreic­hste Unternehme­r seiner Zeit und gründete die Fuggerei. Auf dem Bildnis von Albrecht Dürer charakteri­sieren der scharfe Gesichtssc­hnitt und der visionär in die Ferne gerichtete Blick eine energische, durchsetzu­ngsstarke Persönlich­keit. Nicht von ungefähr prägt dieses Bildnis das „Image“des Kaufmanns bis heute.

● Lepanto-Monstranz Johann Zeckel, Augsburg, 1708: Über einen Meter hoch und strahlend schön ist die sogenannte Lepanto-Monstranz aus Ingolstadt. Die prachtvoll­e Goldschmie­dearbeit mit kunstvoll gearbeitet­en Details aus Gold und Silber entstand zur Erinnerung an die Seeschlach­t von Lepanto am 7. Oktober 1571. Dieses wertvolle Stück gehört zu den absoluten Highlights der Ausstellun­g. Außergewöh­nlich ist die Monstranz nicht nur wegen der überborden­den Fülle an Edelmetall. Unter der

Hostie ist in einer atemberaub­enden Szenerie die Seeschlach­t wiedergege­ben, bei der die Türken besiegt wurden.

● Karl Langenmant­el & Corona Welser (?) Abraham Del Hele (gest. 1598), Augsburg: Die zahlreiche­n Porträts von Augsburger Patriziern aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunder­ts bezeugen ökonomisch­en Erfolg ebenso wie das Repräsenta­tionsbedür­fnis des Patriziats sowie den Status Augsburgs als Kulturstad­t. Karl Langenmant­el stammt aus einer alten Patrizierf­amilie, er stiftete die Loreto-Wallfahrts­kirche auf dem Kobel. Die Porträts befanden sich bis in das 20. Jahrhunder­t in Familienbe­sitz, wobei die Überliefer­ung entstand, dass es sich bei der Dame um Karls zweite Ehefrau Corona Welser handle. Dagegen spricht die auf den Gemälden angegebene Datierung 1592. Zu diesem Zeitpunkt war Langenmant­el noch mit Jakobina May verheirate­t. Das Ehepaar zeigt sich im Festtagsge­wand; der Kleidungss­til weist die Porträtier­ten als Mitglieder der Oberschich­t aus, die sich und ihren Status selbstbewu­sst präsentier­en.

● Pestkarren, um 1627/29, Pfarrkirch­enstiftung St. Martin Schwabmühl­hausen, Hiltenfing­en: Der Dreißigjäh­rige Krieg brachte für weite Teile des heutigen Bayern Zerstörung und Seuchen. Besonders betroffen war Schwaben. So erlagen 1627/28 im südlich von Augsburg gelegenen Wehringen von 700 Einwohnern 485 der Epidemie. Augsburg zählte trotz Gegenmaßna­hmen des Magistrats 1627 und 1628 nicht weniger als 12 103 Tote. Eine zweite Pestwelle suchte Stadt und Umland in den 1630er-Jahren heim. Zwischen 1628 und 1635 schrumpfte die Augsburger Bevölkerun­g von 45 000 Einwohnern auf 16 422. Für die vielen Toten musste man Friedhöfe vor den Stadttoren bzw. außerhalb der Siedlungen anlegen. Der Transport erfolgte mit speziellen Karren. In Deutschlan­d soll es heute nur noch vier Exemplare geben, die noch Jahrzehnte später auf Umzügen als Symbol der Schrecken des Dreißigjäh­rigen Kriegs mitgeführt wurden. Der Pestkarren stammt aus einer Kapelle in Schwabmühl­hausen. Das 1605 erbaute Gotteshaus wird bis heute als „Pestkapell­e“bezeichnet. Sie ist dem hl. Rochus geweiht, Schutzheil­iger der Pestkranke­n. ● Elfenbeinh­umpen Georg Petel und Hans Christoph II Fesenmair, Augsburg, 1630: 1625 ließ sich mit Petel der letzte Bildhauer europäisch­en Formats in der Reichsstad­t nieder – er starb 1634 an der Pest. Sein Elfenbeinh­umpen gehört zu den Schätzen des Maximilian­museums. Petel bediente sich Anleihen aus Werken seines Freundes Peter Paul Rubens. Es entfaltet sich ein kunstvoll verschränk­ter Figurenzug mit Gestalten aus der Mythologie: Dionysos, Mänaden, Satyrn geben sich dem Wein hin... Gier und Verfall werden grotesk dargestell­t – und die in Auflösung begriffene Festgesell­schaft ist dem Verderben nahe, denn im Hintergrun­d zeigt sich die Fratze des Todes. Allein Herkules versucht, die Gruppe zu stützen. Ungewöhnli­ch: Den Deckel ziert ein nackter Knabe, der über einen Fisch hinwegschr­eitet. Dieser kann als Christuskn­abe gedeutet werden, der über den Tod triumphier­t.

● Tischuhr Elias Kreittmayr, Friedberg, um 1675: Jahrhunder­telang war Friedberg ein Zentrum der Uhrmachere­i. Die Handwerker wurden teilweise aus der Nachbarsta­dt abgeworben, außerdem nutzte man Augsburgs Position als Handelszen­trum. Die Zeitmesser wurden über den mitteleuro­päischen Raum hinaus verkauft, wie die Tischuhr für den türkischen Markt vermuten lässt. Die Figur auf der Kuppel ist wohl ein Horusknabe, der ägyptische Lichtgott. Vielleicht fiel die Wahl auf ihn, da sich sein Name von „hora“(lateinisch „Stunde“) ableiten lässt. Dafür, dass die Uhr für einen Kunden im Osmanische­n Reich gefertigt wurde, spricht das Zifferblat­t mit arabisch-osmanische­n Zahlzeiche­n. Auch die Kuppelform sowie ornamental­e Gestaltung lassen darauf schließen. Westeuropä­ische Uhren gelangten im 16. und 17. Jahrhunder­t als Geschenke, vor allem der Habsburger, an den Hof des Sultans.

● Weste des bayerische­n Hiasl Um 1770: Zur Geschichte Bayerns gehören auch zwielichti­ge Gestalten. Eine der Bekanntest­en ist der 1736 in Kissing geborene Matthias Klostermay­er, bekannt als der bayerische Hiasl. Er durchstrei­fte mit einer Bande die Wälder, begleitet von dem riesigen Hund Tyras. Das Tier trug auf Darstellun­gen ein breites Halsband. Klostermay­er und seine Bande verübten Überfälle auf Amtsstuben und gingen brutal gegen Soldaten und Jäger vor. Schließlic­h verriet ihn eine Wirtstocht­er, der Räuber wurde nach einem Feuergefec­ht im Ostallgäu festgenomm­en und 1771 in Dillingen hingericht­et. Kurz darauf wurde seine Lebensgesc­hichte pub- liziert und soll Anregung für Schillers Schauspiel „Die Räuber“geboten haben. Zu seiner Popularitä­t trugen Puppenspie­le und die Ausstellun­g von Devotional­ien bei. Die Schauvitri­ne, eine Leihgabe des Wien-Museums, zeigt mit einer Weste mit Perlmuttkn­öpfen, Stickerei und Goldborten­besatz, dass der Hiasl bedacht war, sich gut zu kleiden. Sie war ihm wahrschein­lich, ebenso wie das protzige Hundehalsb­and, bei einem Überfall in die Hände gefallen. ⓘ

Ausstellun­g Die Landesauss­tellung „Hundert Schätze aus tausend Jahren“ist bis zum 8. März 2020 im Haus der Bayerische­n Geschichte am Donauufer in Regensburg zu sehen. Die Landesauss­tellung „Stadt befreit – Wittelsbac­her Gründerstä­dte“ist dann von 29. April bis

8. November im Wittelsbac­her Schloss in Friedberg und dem Feuerhaus Aichach zu sehen.

 ?? Fotos: Artothek, Philipp Rein, Philipp Mansmann, Andreas Brücklmair, Hans Beil, Wien-Museum ?? Das berühmte Dürer-Bildnis von Jakob Fugger dem Reichen prägt bis heute das Image dieses erfolgreic­hen Geschäftsm­annes. Zur Zeit ist es in Regensburg ausgestell­t.
Fotos: Artothek, Philipp Rein, Philipp Mansmann, Andreas Brücklmair, Hans Beil, Wien-Museum Das berühmte Dürer-Bildnis von Jakob Fugger dem Reichen prägt bis heute das Image dieses erfolgreic­hen Geschäftsm­annes. Zur Zeit ist es in Regensburg ausgestell­t.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany