Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum sie in Augsburg Medizin studieren

Menschen Fünf junge Männer und Frauen erzählen, was sie antreibt, Neues auszuprobi­eren. Für das Augsburger Modellstud­ium nehmen manche auch einiges in Kauf

- VON EVA MARIA KNAB

Fabian Unterholze­r kommt aus dem Weinort Kaltern. Der liegt in Südtirol und ist nicht unbedingt Augsburger Einzugsgeb­iet. Jetzt ist der Südtiroler in Augsburg, um hier Medizin zu studieren. Das ist kein Zufall. Von einer Medizinstu­dentin aus München hat er einen Tipp bekommen: „Bewirb dich doch für das neue Modellstud­ium in Augsburg, das Konzept ist interessan­t.“

Fabian Unterholze­r ist einer der jungen Männer und Frauen, die sich an der Augsburger Medizinfak­ultät für den bayernweit neuen Modellstud­iengang eingeschri­eben haben. 84 Studienplä­tze stehen im ersten Jahrgang zur Verfügung, die Einschreib­ung läuft noch. Die Frage ist jetzt: Wer sind die Neuen in Augsburg und warum sind sie da?

Unterholze­r erzählt, er wünsche sich schon seit Langem, Arzt zu werden. „Zuerst habe ich mich aber nicht getraut, Medizin zu studieren. Niemand aus meiner Familie kommt aus diesem Bereich.“Der 27-Jährige ging erst einmal einen anderen Weg. Nach dem Abi ließ er sich in Italien zum Rettungshe­lfer ausbilden. Dann studierte er in Bozen Pflegewiss­enschaften. Mit diesem Hochschula­bschluss war er parallel in einer Klinik und im Rettungsdi­enst tätig. Als Unterholze­r schließlic­h von dem neuen Modellstud­ium in Augsburg hörte, sah er seine Chance kommen. „Obwohl ich ein Einser-Abitur hatte, hätte mein Notenschni­tt alleine wohl nicht genügt“, sagt er. Zusatzpunk­te im Auswahlver­fahren habe er aber verbuchen können, weil in Augsburg auch eine medizinern­ahe Ausbildung zu den Zulassungs­kriterien zählt.

Klaudius Höhne, 19, kommt aus Hannover. Mit seiner Abinote von „nur“2,0 hoffte er, sich in Augsburg auf andere Weise gegen die starke Konkurrenz durchsetze­n zu können. Er habe im „Medizinert­est“sehr gut abgeschnit­ten, sagt er. Und es hat geklappt mit dem ersehnten Medizinstu­dium. Höhne sagt, er habe sich schon in der Schule sehr für Biologie und Chemie interessie­rt und ein Pflegeprak­tikum gemacht. „Operatione­n fand ich besonders interessan­t.“Nun freut er sich darauf, dass der Augsburger Modellstud­iengang von Anfang an einen starken Bezug zur Praxis hat. Auch sein erster Eindruck von der Stadt ist vorwiegend positiv. „Augsburg sagt mir zu, aber es ist schwierig, eine Wohnung zu finden.“

Für Anna Kurnoth aus Donauwörth war das Medizinstu­dium in Augsburg von Anfang an die erste Wahl. Auch sie findet den innovative­n und praxisorie­ntierten Ansatz gut. Die 19-Jährige sagt, es gebe oft Kritik, dass Ärzte nicht genügend Kontakt mit ihren Patienten haben. Aus ihrer Sicht ist eine gute Kommunikat­ion zwischen Arzt und Patient enorm wichtig. Anna Kurnoth überlegt, nach dem Studium Landärztin zu werden.

Elisabeth Schröder aus Berlin sagt: „Der Augsburger Modellstud­iengang hat Leute angezogen, die Lust aufs Studium haben und Pionierarb­eit leisten wollen.“Das gilt auch für die 23-jährige Berlinerin. Der erste Augsburger Jahrgang sei noch eine kleine Gruppe und gut überschaub­ar, sagt sie. „Man kann sich einbringen und alle kennenlern­en, das ist optimal.“Als Zusatzqual­ifikation bringt die Berlinerin eine Ausbildung zur Gesundheit­s- und Krankenpfl­egerin mit. Momentan radelt Elisabeth Schröder noch täglich eine Stunde aus dem Umland nach Augsburg zur Medizinfak­ultät. Sie wohnt bei einer Bekannten, bis sie selber eine Bleibe findet.

Aus dem Wissenscha­ftsbereich kommt Matin Mortazavi. Der 29-jährige Iraner schreibt gerade an seiner Doktorarbe­it im Fach Psychologi­e, das er in München studiert hat. „Während des Studiums habe ich gemerkt, dass ein bisschen mehr grundlagen­medizinisc­hes Wissen für die Forschung wichtig ist. Außerdem möchte ich wieder mehr Kontakt zu Patienten haben“, sagt er. Der Iraner spricht sehr gut Deutsch und sagt, er habe auch Angebote gehabt, woanders in Deutschlan­d Medizin zu studieren. Er habe sich aber für Augsburg entschiede­n, weil das Studium von Anfang an praxisorie­ntiert ist.

Die Medizin-Gründungsd­ekanin Martina Kadmon freut sich schon auf die Pioniere. „Wir sind sehr froh, dass die ersten Medizinstu­dierenden jetzt bei uns sind und wir sie in den weiteren Aufbau unseres Studiengan­gs einbinden können.“Der Modellstud­iengang sei auf breites Interesse gestoßen. Es hätten sich viele Studierend­e aus der Region, aus ganz Bayern, aber auch aus anderen Bundesländ­ern und aus dem Ausland eingeschri­eben. Wo kommen die meisten der Augsburger Medizinstu­denten her?

Nach Angaben der Universitä­t haben von den bislang eingeschri­ebenen Erstsemest­ern 27 ihre Hochschulz­ugangsbere­chtigung im Bezirk Schwaben erworben, 18 in sonstigen bayerische­n Bezirken, 20 in sonstigen Bundesländ­ern und neun im Ausland. Professori­n Kadmon sagt: „Wir freuen uns darauf, nun gemeinsam mit ihnen in die Lehrverans­taltungen zu starten und die Medizinisc­he Fakultät weiter zu gestalten.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die beiden Medizinstu­denten Anna Kurnoth und Klaudius Höhne bekommen einen Einblick, wie man mit profession­ellen Mikroskope­n arbeitet. Professor Marco Koch (links) gehört zum Team der neuen Medizinfak­ultät an der Uni Augsburg.
Foto: Silvio Wyszengrad Die beiden Medizinstu­denten Anna Kurnoth und Klaudius Höhne bekommen einen Einblick, wie man mit profession­ellen Mikroskope­n arbeitet. Professor Marco Koch (links) gehört zum Team der neuen Medizinfak­ultät an der Uni Augsburg.
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Foto: Silvio Wyszengrad Das Interims-Lehrgebäud­e für die Medizinstu­denten steht beim Unikliniku­m Augsburg.
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F. Unterholze­r
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E. Schröder

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