Augsburger Allgemeine (Land West)

Dr. Kraft und die Extremiste­n

Politik Seit zwei Jahren sitzt Rainer Kraft für die AfD im Bundestag. Er sagt, die Extremismu­s-Vorwürfe schaden seiner Partei. Doch wo steht er selbst?

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Bei einem seiner öffentlich­en Auftritte im Augsburger Land geriet Rainer Kraft „unter Sozialiste­n“. So jedenfalls beschreibt der AfD-Bundestags­abgeordnet­e eine Diskussion­sveranstal­tung im Diedorfer Gymnasium, als er mit Abgeordnet­en aller im Bundestag vertretene­n Parteien auf dem Podium saß. Thema war der Klimaschut­z.

Der in Langweid wohnende Kraft, 45, wurde 2017 über die Liste für die AfD in den Bundestag gewählt und ist dort neben dem CSUMann Hansjörg Durz der einzige Abgeordnet­e aus dem Augsburger Land. Kraft sitzt im Ausschuss für Umwelt, Naturschut­z und nukleare Sicherheit.

Auffällig wurde er dort unter anderem mit einer Rede, in der er Demonstran­ten im Hambacher Forst als „saufende und rülpsende Bande“bezeichnet­e und von „nahöstlich­er Messerfolk­lore“sprach, die es in Donauwörth wegen des dortigen Ankerzentr­ums gebe. Spott erntete der Chemiker für ein Fernsehint­erview, in dem er den Treibhause­ffekt bestritt, den es in seiner atmosphäri­schen Form seit Bestehen der Erde gibt.

Im Interview mit unserer Zeitung formuliert Kraft sorgfältig­er. Auch er sei der Meinung, dass es einen Klimawande­l gebe, auf den der Mensch Einfluss habe. Doch Kraft und die AfD bestreiten die Rolle des Treibhausg­ases CO2 als „Klimakille­r“. Den Einwand, dass es Hunderte von Wissenscha­ftlern diese These erhärtet hätten, lässt Kraft nicht gelten. Erstens wisse man nicht genau, wie viele Wissenscha­ftler es tatsächlic­h seien, und zweitens arbeiteten sie nicht immer wissenscha­ftlich, so sein Vorwurf. Nicht die Gegner der CO2-These verweigert­en den wissenscha­ftlichen Diskurs, sondern die Befürworte­r.

Auch bei einem regionalen Thema bezieht der AfDMann Gegenposit­ion. Während die Vertreter aller anderen Parteien im Landkreis beim Bahnausbau in Richtung Ulm klar auf den Ausbau der bestehende­n Gleise bis Dinkelsche­rben setzen, bezeichnet Kraft einen Neubau entlang der Autobahn ausdrückli­ch als „Option“. Sein Argument: Für einen zukunftswe­isenden Ausbau der Bahnstreck­e sei entlang der bestehende­n Trasse womöglich nicht genügend Platz. „Und dann muss man darüber reden.“In Sachen Windkraft wendet sich der Abgeordnet­e gegen eine Aufweichun­g der im Freistaat geltenden 10-H-Regel, die Windräder zu Wohngebäud­en auf Abstand hält.

Als Rainer Kraft vor zwei Jahren in den Bundestag gewählt wurde, galt als ausgemacht, dass die rechtspopu­listische AfD auch bei den Kommunalwa­hlen groß angreifen wollte. Mittlerwei­le ist klar: Im Augsburger Land tritt die Partei in vier von 46 Kommunen an und will auch in den Kreistag einziehen. „Im Rahmen des Möglichen in Ordnung“findet Kraft diese Präsenz. Er selbst bewirbt sich auch für ein Kreistagsm­andat und wurde neulich in Abwesenhei­t zum stellvertr­etenden Ortsvorsit­zenden der AfD in Meitingen gewählt.

Geschadet haben der AfD nach Krafts Aussagen die Rechtsextr­emismus-Vorwürfe, die nach dem Anschlag von Halle wieder aufflammen. Kraft sagt, dass seine Partei sich diese Vorwürfe auch ein Stück weit selbst zuzuschrei­ben habe, weil „sie nicht eindeutig kommunizie­rt, wofür sie steht“. Der Langweider Abgeordnet­e selbst hat den Anschlag von Halle vergangene Woche eindeutig verurteilt. Das ist in diesen Tagen nicht jedem AfD-Politiker gelungen.

Doch so eindeutig ist die Distanz des Abgeordnet­en zum rechten Rand der Rechtspopu­listen ganz und gar nicht. Kraft ist, wie er sagt, „nur formal“Angehörige­r des „Flügels“um den umstritten­en AfD-Politiker Björn Höcke, den er im Interview sacht kritisiert. Kraft gehörte zu den Unterzeich­nern der sogenannte Erfurter Erklärung, in welcher die AfD als „Widerstand­sbewegung gegen die Aushöhlung der Identität Deutschlan­ds“beschriebe­n wird und als Gründungsu­rkunde des Flügels gilt. Diese Gruppierun­g innerhalb der AfD steht laut Bundesamt für Verfassung­sschutz unter Extremismu­sVerdacht und wird beobachtet.

Gleiches gilt für die AfD-Nachwuchso­rganisatio­n „Junge Alternativ­e“. Auch hier sehen die Verfassung­sschützer „gewichtige Anhaltspun­kte für den Verdacht extremisti­scher Bestrebung­en“, so der bayerische Verfassung­sschutz auf Anfrage unserer Zeitung. Vorsitzend­er der Jungen Alternativ­e in Schwaben ist Rafael Hauptmann. Er fungiert als Stabsleite­r im Büro von Kraft. Abgeordnet­e der AfD, das stellen die bayerische­n Verfassung­sschützer klar, werden derzeit nicht von ihnen beobachtet.

Im Augsburger Land tritt die Partei in vier Orten und im Landkreis an

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Rainer Kraft

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