Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Steilvorlage fürs Ostallgäu
Fossilienforscherin Madelaine Böhme ist weiß Gott kein prestigesüchtiger Lautsprecher. Viele Jahre hat die Professorin mit ihrem Team ohne viel Wirbel in Pforzen gegraben, hat tausende Funde analysiert und daraus jene Erkenntnis gewonnen, die nun Fachleute wie Laien elektrisiert: Der älteste aufrecht gehende Primat stammt offenkundig aus dem Allgäu.
Udo, das salopp betitelte Bindeglied zwischen Mensch und heutigem Menschenaffen, ist nicht nur für die Wissenschaft ein Sechser im Lotto. Der Fund bietet auch für die Region exquisiten Treibstoff. Denn das nördliche Ostallgäu und die Stadt Kaufbeuren – traditionell im Schatten der Touristenmagneten rund um Füssen und Neuschwanstein – haben ab sofort ein Pfund, mit dem sie wuchern können. Natürlich sollte jetzt nichts überstürzt werden, die hochkarätige Nachricht ist ja gerade mal zwei Tage alt. Dennoch sind der Landkreis und die gesamte Region gut beraten, mutig zu handeln. Und das bedeutet weit mehr, als den zotteligen UrAllgäuer auf die Homepage zu stellen oder seine Silhouette auf einem Plakat abzudrucken. Der spektakuläre Fund schreit vielmehr danach, den Menschenaffen und die einmaligen Tierfunde für die Öffentlichkeit zu erschließen.
Das Neandertalmuseum bei Düsseldorf ist das beste Beispiel dafür, wie ein Landkreis, ja eine ganze Region von einer spannenden Präsentation ihrer Vergangenheit profitieren – und das, ohne in Touristenströmen zu ertrinken. Wem Udo allein als Trumpf nicht genügt: Die hochkarätigen Kelten- und Alemannengräber, die vor Jahren ebenfalls in Pforzen zutage kamen, sind eine weitere Steilvorlage für solch ein ehrgeiziges Projekt.