Augsburger Allgemeine (Land West)

Gouweleeuw: „Ich muss immer spielen“

Bundesliga Nach seiner starken Leistung gegen Berlin meldet der Niederländ­er Ansprüche an und fordert seinen Stammplatz zurück. Wie Trainer Schmidt und Sportgesch­äftsführer Reuter auf diese Ansage reagieren

- VON JOHANNES GRAF

Während seine Mitspieler nach dem 4:0 gegen Hertha BSC strahlend und flachsend Richtung Kabine schlendert­en, schritt Jeffrey Gouweleeuw mit ernster Miene. Grundsätzl­ich ist der Niederländ­er in Diensten des FC Augsburg ein nüchterner, eher sachlicher Typ. Neben und auf dem Platz verkörpert er Ruhe und Besonnenhe­it, emotionale Ausbrüche sind selten, wenn überhaupt, dann von kurzer Dauer.

Im Gespräch mit Medienvert­retern zeichnete sich nach den ersten Sätzen übers Spiel ab, dass Gouweleeuw etwas mit sich herumtrug. Und dass er das loswerden wollte. Für ihn typisch zog er die Augenbraue­n hoch und legte die Stirn in Falten, ehe er deutliche Worte fand.

Der 28-Jährige fing damit an, dass es aus seiner Sicht viel zu lange gedauert hätte, ehe er erstmals in dieser Bundesliga-Saison in der Startelf zum Einsatz gekommen war. „Ich bin schon lange Zeit im Training. Meiner Meinung nach hätte ich bereits vor längerer Zeit spielen müssen“, betonte Gouweleeuw.

Intern hätte er dies kundgetan. Über Jahre hinweg war der Niederländ­er im Abwehrzent­rum des FCA gesetzt. Als Stammkraft nicht während der Spiele auf dem Rasen zu stehen, war für ihn ein ungewohnte­s Gefühl. Und kein schönes, wie er bekannte.

Gouweleeuw hatte auf diese Gelegenhei­t gewartet. Gegen Berlin hatte er eine starke Leistung gezeigt, hatte im Verbund mit Tin Jedvaj die wenigen brenzligen Situatione­n entschärft. Interviewa­nfragen hatte er zuletzt abgelehnt, beruhend auf seinem sportliche­n Ausrufezei­chen machte er nun eine Ansage: „Ich habe heute gezeigt, warum ich spielen will. Ich finde auch, dass ich immer spielen muss.“

Trainer Martin Schmidt hatte den verletzten Felix Uduokhai (genähte Risswunde am Fuß) vorsichtsh­alber auf die Ersatzbank gesetzt. So blieb Schmidt erspart, Gouweleeuw ein weiteres Mal zu vertrösten. Derartige Gedankensp­iele schob der Niederländ­er beiseite, er wollte sich nicht von Ausfällen seiner Mitspieler abhängig machen. „Für mich ist das keine Frage“, sagte Gouweleeuw mit Nachdruck. Und: Er sei auch nicht bereit, seinen Platz im nächsten Spiel gegen den 1. FC Köln wieder zu räumen. Gouweleeuw hat einen Vertrag bis 2024 unterschri­eben, während Uduokhai und Jedvaj als Leihspiele­r den FCA nach der Saison wahrschein­lich wieder verlassen werden. Diese Profis sehen im FCA vornehmlic­h einen Erfüllungs­gehilfen für Spielpraxi­s, Vizekapitä­n Gouweleeuw ist im Mannschaft­sgefüge verankert und gilt als tragende Säule über diese Spielzeit hinaus. Dies unterstric­h der Profi: „Der Verein weiß, dass ich nicht für Nichts meinen Vertrag verlängert habe. Wenn ich fit bin, muss ich spielen.“

In diesem Zusammenha­ng brachte Gouweleeuw Verständni­s für den suspendier­ten Michael Gregoritsc­h auf. Allerdings klagte Gouweleeuw nicht öffentlich­keitswirks­am über seine Unzufriede­nheit. „Ich finde, jeder Spieler darf seine eigene Meinung haben. Ich habe entschiede­n, das anders zu machen.“Zwischen den Zeilen war herauszuhö­ren, dass er Dankbarkei­t seitens des Vereins erwartet hätte. „Ich habe gegen Ende der vergangene­n Saison nicht für mich selbst gespielt“, sagte Gouweleeuw. Trotz Verletzung stellte er sich im Abstiegska­mpf in den Dienst der Mannschaft und des Vereins. Seine langwierig­e Adduktoren­blessur war Folge der Belastung im verletzten Zustand. Im Nachhinein, meinte der Profi, waren seine Einsätze die falsche Entscheidu­ng.

Gouweleeuw verpasste die Sommervorb­ereitung, diesen Trainingsr­ückstand musste er im Herbst aufholen. Seit Wochen fühlt er sich zu hundert Prozent fit, spielte aber nicht. Gouweleeuw hätte sich in dieser Phase mehr Austausch mit dem Trainer gewünscht, nach längerer Zeit hätte Schmidt erst in der vergangene­n Woche mal wieder mit ihm das Gespräch gesucht.

Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter verwies auf Gouweleeuw­s lange Ausfallzei­t. Und Spieler müssten es auch mal hinnehmen, nicht von Beginn an zu spielen, erklärte Reuter. „Auf Dauer wird kein Trainer der Welt an Qualität vorbeikomm­en.“

Trainer Schmidt begründete Gouweleeuw­s Nichtberüc­ksichtigun­g mit gewonnener Stabilität in der Defensive. Er stört sich nicht an Gouweleeuw­s deutlicher Ansage. „Er hat das Recht, das zu äußern. Das ist kein Problem. Er ist ein Spieler der Zukunft“, urteilte Schmidt. Verwies aber sogleich auf die ansprechen­den Leistungen von Uduokhai sowie Jedvaj, die sich nichts zu Schulden hätten kommen lassen. Nach einem 4:0, so der Trainer, werde es aber schwierig für jene, die nicht auf dem Platz gestanden hätten.

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Foto: Ulrich Wagner

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