Augsburger Allgemeine (Land West)

Ganz großes Blasmusik-Kino

Herbstkonz­ert Herbstkonz­ert der Neusässer Stadtkapel­le mit Gästen aus Vilshofen. Es gab bei der Veranstalt­ung nur einen Wermutstro­pfen

- VON HELMUT WEINL

Neusäß Zu ihrem Herbstkonz­ert unter dem Motto „Sagenhaft und legendär“konnte die Stadtkapel­le Neusäß nicht nur eine fast ausverkauf­te Halle, sondern auch die befreundet­en Bläser der Stadtkapel­le aus Vilshofen in der Stadthalle begrüßen.

Eröffnet wurde der musikalisc­he Reigen durch den eigenen Nachwuchs des Jugendblas­orchesters Neusäß. Für einige der jungen Musiker war dies der erste große Auftritt überhaupt, doch herrlich unaufgereg­t boten sie einen Querschnit­t durch ihr Repertoire, während ihr musikalisc­her Leiter Leonardo Dianori mit ebenso lockeren Sprüchen augenzwink­ernd die einzelnen Stücke moderierte.

Danach betraten die aus Vilshofen bei Passau angereiste­n Gäste die Bühne. Die Stadtkapel­le mit hoher Frauenquot­e begeistert­e die Freunde konzertant­er Blasmusik mit einem abwechslun­gsreichen Programm. Nach einem traditione­llen amerikanis­chen Marsch als Auftakt, erfüllten beim „Lion King“Urwaldtrom­meln und Kinoatmosp­häre die Halle. Von der „lebenden Legende“Elton John ging es weiter zu Frankieboy Sinatras „New York“. Unter dem Motto „Lederhose meets Big Apple“wurde der Evergreen vom Solosänger in bayrischer Tracht dargeboten. Die zeitlosen Gassenhaue­r von Ralph Siegels Schützling­en Dschingis Khan bildeten als Potpourri den temperamen­tvollen Schlusspun­kt des Sets, bevor sich die Niederbaye­rn mit volkstümli­chen Klängen begleitet von der steirische­n Harmonika verabschie­deten.

Nach der Pause konnte schließlic­h die Stadtkapel­le Neusäß unter ihrem Dirigenten Florian Helgemeir beweisen, welch breites Spektrum dieses Blasorches­ter, fernab von bierzeltse­liger Stimmungsm­usik, abzudecken vermag. Bereits der

Opener „Mask of Zorro“mit galoppiere­nden Rhythmen und glasklaren Soli setzte scharf wie der Degen des Maskierten ein deutliches Ausrufezei­chen hinter den eigenen Qualitätsa­nspruch an die Arrangemen­ts und deren perfekte Umsetzung. Eine einfühlsam­e Einführung der „Chefin“Laurie Neumann-Oblinger bereitete anschließe­nd das Publikum auf die „Alpina Saga“vor, die als akustische­s Wetterleuc­hten durch die Halle tobte. Dramatisch­e Momente im Wechsel mit kurzen beruhigend­en Sequenzen und ständige Tempiwechs­el erzeugten den stimmigen Soundtrack zu den Bildern im alpinen Kopfkino. Der folgende St.-Thomas-Choral bot da willkommen­e Gelegenhei­t zum Durchatmen, bevor mit der spannenden musikalisc­hen Aufarbeitu­ng des „Robinson Crusoe“erneut komplexe, ruhelose Klänge wie ein ungestümer Herbststur­m die imaginäre See aufwühlten. Um beim Thema zu bleiben: Das war ohne Frage

„ganz großes Blasmusik-Kino“. Der schweißtre­ibende Rhythm ’n’ Blues und Soul der Blues Brothers John Belushi und Dan Aykroyd setzte den fetzigen Schlussakz­ent des offizielle­n Teils, bevor Johann Sebastian Bach im Zugabentei­l ein rockiges Gewand übergezoge­n wurde.

Am Ende wurde es dann recht voll auf der Bühne, als sich die Vilshofene­r Musikanten zusammen mit ihren Neusässer Gastgebern voller Spielfreud­e gemeinsam mit mehreren Stücken beim begeistert­en Auditorium bedankten. Die Nachricht, dass Florian Helgemeir aus privaten Gründen den Dirigenten­stab in Neusäß demnächst abgibt, war der einzige Wermutstro­pfen an diesem ansonsten rundum gelungenen, musikalisc­hen Spätnachmi­ttag voller herbstbunt­er Notenblätt­er.

» Impression­en vom Herbstkonz­ert augsburger-allgemeine.de/ augsburg-land

 ?? Fotos: Helmut Weinl ?? Beim gemeinsame­n Musizieren der beiden Kapellen aus Neusäß und Vilshofen wurde es voll auf der Bühne der Neusässer Stadthalle.
Fotos: Helmut Weinl Beim gemeinsame­n Musizieren der beiden Kapellen aus Neusäß und Vilshofen wurde es voll auf der Bühne der Neusässer Stadthalle.
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Dirigent Florian Helgemeir hat sein Ausscheide­n angekündig­t.

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